Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten. Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen einen Zulassungsbescheid. Erfordernis, dass ein Verfahren nicht übermäßig teuer sein darf. Begriff. Zeitliche Geltung. Unmittelbare Wirkung. Einfluss auf einen in Rechtskraft erwachsenen nationalen Kostenfestsetzungsbeschluss
Beteiligte
Tenor
1. Art. 10a Abs. 5 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass das darin vorgesehene Erfordernis, dass bestimmte Gerichtsverfahren in Umweltangelegenheiten nicht übermäßig teuer sein dürfen, keine unmittelbare Wirkung hat. Hat ein Mitgliedstaat diesen Artikel nicht umgesetzt, sind dessen nationalen Gerichte gleichwohl verpflichtet, ab Ablauf der Frist für die Umsetzung dieses Artikels das innerstaatliche Recht so weit wie möglich in einer Weise auszulegen, dass der Einzelne nicht aufgrund der möglicherweise resultierenden finanziellen Belastung daran gehindert wird, einen gerichtlichen Rechtsbehelf, der in den Anwendungsbereich dieses Artikels fällt, einzulegen oder weiterzuverfolgen.
2. Art. 10a Abs. 5 der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats bei ihrer Kostenentscheidung in Gerichtsverfahren, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Umsetzung des in diesem Art. 10a Abs. 5 vorgesehenen Erfordernisses, dass bestimmte Gerichtsverfahren in Umweltangelegenheiten nicht übermäßig teuer sein dürfen, anhängig waren, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt, zu dem diese Kosten in dem betroffenen Verfahren entstanden sind, zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet sind.
3. Art. 10a Abs. 5 der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass in einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens ein nationales Gericht, das über die Kostenhöhe zu entscheiden hat, zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet ist, soweit dieser die Rechtskraft der Kostenentscheidung nicht entgegensteht; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 23. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 3. April 2017, in dem Verfahren
Volkmar Klohn
gegen
An Bord Pleanála,
Beteiligte:
Sligo County Council,
Maloney and Matthews Animal Collections Ltd,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev, E. Regan und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Klohn, vertreten durch sich selbst und durch B. Ohlig, advocate,
- von An Bord Pleanála, vertreten durch A. Doyle, Solicitor, und B. Foley, BL,
- von Irland, vertreten durch M. Browne, G. Hodge und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von M. Gray und H. Godfrey, BL, sowie von R. Mulcahy, SC,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Zadra, G. Gattinara und J. Tomkin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juni 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10a Abs. 5 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 1985, L 175, S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. 2003, L 156, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Richtlinie 85/337).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Volkmar Klohn und An Bord Pleanála (nationaler Raumordnungsrat, Irland) über die Auferlegung der Kosten des Gerichtsverfahrens, das Herr Klohn gegen die von An Bord Pleanála erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Anlage zur Untersuchung gefallener Tiere aus ganz Irland in Achonry im County Sligo (Grafschaft Sligo, Irland) angestrengt hat.
Rechtlicher Rahmen
Internationales Recht
Rz. 3
In der Präambel des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden:...