Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsmarken. Zuständigkeit der Unionsmarkengerichte. Verletzungsklage. Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit. Rücknahme der Verletzungsklage. Entscheidung über die Widerklage. Eigenständigkeit der Widerklage

 

Normenkette

Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 124 Buchst. a, d, Art. 128

 

Beteiligte

Gemeinde Bodman-Ludwigshafen

KP

TV

Gemeinde Bodman-Ludwigshafen

 

Tenor

Art. 124 Buchst. a und d sowie Art. 128 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke

sind dahin auszulegen, dass

ein Unionsmarkengericht, das mit einer Verletzungsklage befasst ist, die auf eine Unionsmarke gestützt wird, deren Gültigkeit mit einer Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit angefochten wird, trotz der Rücknahme der Verletzungsklage zur Entscheidung über die Gültigkeit dieser Marke befugt bleibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2021, in dem Verfahren

KP

gegen

TV,

Gemeinde Bodman-Ludwigshafen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias (Berichterstatter), M. Ilešič, I. Jarukaitis, und Z. Csehi,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen, vertreten durch E. Stolz, Rechtsanwalt,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, É. Gippini Fournier und G. Wilms als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Mai 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 124 Buchst. a und d sowie von Art. 128 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen KP auf der einen und TV sowie der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen auf der anderen Seite aufgrund einer Klage wegen Verletzung einer Unionswortmarke und einer Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit dieser Marke.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 4 und 32 der Verordnung 2017/1001 heißt es:

„(4) … [Es] ist ein Markensystem der Union erforderlich, das den Unternehmen ermöglicht, in einem einzigen Verfahren Unionsmarken zu erwerben, die einen einheitlichen Schutz genießen und im gesamten Gebiet der Union wirksam sind. Der hier aufgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit der Unionsmarke sollte gelten, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(32) Es ist entscheidend, dass sich Entscheidungen über die Gültigkeit und die Verletzung der Unionsmarke wirksam auf das gesamte Gebiet der Union erstrecken, da nur so widersprüchliche Entscheidungen der Gerichte und des [Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)] und eine Beeinträchtigung des einheitlichen Charakters der Unionsmarke vermieden werden können. Die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1)] sollten für alle gerichtlichen Klagen im Zusammenhang mit den Unionsmarken gelten, es sei denn, dass die vorliegende Verordnung davon abweicht.”

Rz. 4

Art. 1 („Unionsmarke”) Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 bestimmt:

„Die Unionsmarke ist einheitlich. Sie hat einheitliche Wirkung für die gesamte Union: sie kann nur für dieses gesamte Gebiet eingetragen oder übertragen werden oder Gegenstand eines Verzichts oder einer Entscheidung über den Verfall der Rechte des Inhabers oder die Nichtigkeit sein, und ihre Benutzung kann nur für die gesamte Union untersagt werden. Dieser Grundsatz gilt, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist”.

Rz. 5

Nach Art. 6 („Erwerb der Unionsmarke”) dieser Verordnung wird die Unionsmarke durch Eintragung erworben.

Rz. 6

In Art. 7 („Absolute Eintragungshindernisse”) Abs. 1 der Verordnung werden die Arten von Zeichen und Marken aufgeführt, die von der Eintragung ausgeschlossen sind. Diese Bestimmung stellt insbesondere klar:

„Von der Eintragung ausgeschlossen sind

b) Marken, die keine Unterscheidungskraft haben;

c) Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können;

d) Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständig...

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