Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Gleiches Entgelt für Männer und Frauen. Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz. Nationale Regelung, die für ordentliche Richter eine Zulage zum Ausgleich der mit der Ausübung ihrer Berufstätigkeit verbundenen Belastungen vorsieht. Kein Anspruch auf diese Zulage für eine ordentliche Richterin im Fall eines vor dem 1. Januar 2005 genommenen Pflichtmutterschaftsurlaubs
Normenkette
EG Art. 141; Richtlinie 92/85/EWG Art. 11 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 3; Richtlinie 75/117/EWG Art. 1
Beteiligte
Maria Cristina Elisabetta Ornano |
Ministero della Giustizia, Direzione Generale dei Magistrati del Ministero |
Tenor
Art. 119 EG-Vertrag (später Art. 141 EG), Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, Art. 11 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) und Art. 11 Nr. 3 der Richtlinie 92/85 sind dahin auszulegen, dass sie in dem Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat nicht die Fortzahlung aller Entgeltbestandteile vorgesehen hat, auf die eine ordentliche Richterin vor ihrem Mutterschaftsurlaub Anspruch hatte, einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, nach der eine ordentliche Richterin im Fall eines vor dem 1. Januar 2005 liegenden Pflichtmutterschaftsurlaubs keinen Anspruch auf eine Zulage zum Ausgleich der Belastungen hat, die für ordentliche Richter mit der Ausübung ihrer Berufstätigkeit verbunden sind, sofern diese Arbeitnehmerin während dieses Urlaubs Bezüge erhalten hat, die mindestens der im nationalen Recht der sozialen Sicherheit vorgesehenen Sozialleistung entsprechen, die sie im Fall einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erhalten hätte, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 13. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2015, in dem Verfahren
Maria Cristina Elisabetta Ornano
gegen
Ministero della Giustizia, Direzione Generale dei Magistrati del Ministero
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby sowie der Richter J. Malenovský und M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Socio, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und A. Szmytkowska als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 119 EG-Vertrag (später Art. 141 EG), Art. 120 EG-Vertrag (später Art. 142 EG), Art. 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 11 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. 1992, L 348, S. 1) und Art. 2, 14 und 15 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. 2006, L 204, S. 23).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Maria Cristina Elisabetta Ornano und dem Ministero della Giustizia, Direzione Generale dei Magistrati del Ministero (Justizministerium, Generaldirektion der Richter des Ministeriums, Italien, im Folgenden: Justizministerium) über dessen Weigerung, einer ordentlichen Richterin für vor dem 1. Januar 2005 genommene Pflichtmutterschaftsurlaube eine Zulage für die Belastungen zu gewähren, die für ordentliche Richter mit der Ausübung ihrer Berufstätigkeit verbunden sind.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 75/117/EWG
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleiche...