Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Wettbewerb. Missbrauch einer beherrschenden Stellung. Begriff ‚unangemessener Preis’. Von einer Verwertungsgesellschaft eingenommene Gebühren. Vergleich mit Tarifen in anderen Mitgliedstaaten. Auswahl der Referenzstaaten. Kriterien für die Preisbewertung. Berechnung der Geldbuße
Normenkette
AEUV Art. 102
Beteiligte
Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aǵentūra – Latvijas Autoru apvienība |
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Tenor
1. Der Handel zwischen Mitgliedstaaten kann durch die Höhe der Gebühren einer Monopol-Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, die auch Rechte ausländischer Rechteinhaber verwertet, beeinträchtigt werden, so dass Art. 102 AEUV Anwendung findet.
2. Für die Prüfung, ob eine Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte unangemessene Preise im Sinne von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV berechnet, ist ein Vergleich ihrer Tarife mit den Tarifen in den Nachbarstaaten sowie den mittels des Kaufkraftparitätsindexes bereinigten Tarifen in anderen Mitgliedstaaten zweckmäßig, sofern die Referenzstaaten nach objektiven, geeigneten und überprüfbaren Kriterien ausgewählt wurden und die Vergleiche auf einer einheitlichen Grundlage beruhen. Dabei ist es zulässig, die Tarife für ein oder mehrere spezifische Nutzersegmente zu vergleichen, wenn Anzeichen dafür vorliegen, dass in diesen Segmenten möglicherweise übertrieben hohe Gebühren verlangt werden.
3. Der Unterschied zwischen den verglichenen Tarifen ist als erheblich anzusehen, wenn er signifikant und anhaltend ist. Ein solcher Unterschied ist ein Anzeichen für den Missbrauch einer beherrschenden Stellung, und es ist Sache der die beherrschende Stellung einnehmenden Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte, die Angemessenheit ihrer Preise durch objektive Umstände zu belegen, die die Verwaltungskosten oder die Vergütung der Rechteinhaber beeinflussen.
4. Wenn nachweislich gegen Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV verstoßen wurde, sind für die Berechnung der Geldbuße die für die Rechteinhaber bestimmten Vergütungen in den Gesamtumsatz der betroffenen Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte einzuberechnen, sofern diese Vergütungen Teil des Wertes der von der Verwertungsgesellschaft erbrachten Dienstleistungen sind und ihre Einberechnung notwendig ist, um zu gewährleisten, dass die verhängte Geldbuße wirksam, verhältnismäßig und abschreckend ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, mit Blick auf die Gesamtumstände des konkreten Falles zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Augstākā tiesa, Administratīvo lietu departaments (Oberster Gerichtshof, Senat für Verwaltungssachen, Lettland) mit Entscheidung vom 22. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 29. März 2016, in dem Verfahren
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gegen
Konkurences padome
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Rosas, C. Toader und E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aǵentūra / Latvijas Autoru apvienība, vertreten durch U. Zeltiņš, S. Novicka und D. Silava-Tomsone, advokāti,
- der lettischen Regierung, vertreten durch J. Treijs-Gigulis, I. Kalniņš, G. Bambāne, I. Kucina und D. Pelše als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch A. Lippstreu und T. Henze als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. Sampol Pucurull als Bevollmächtigten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. H. S. Gijzen und K. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Vollrath, I. Rubene und F. Castilla Contreras als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Autortiesību un komunicēšanās konsultāciju aǵentūra / Latvijas Autoru apvienība (Beratungsagentur für Urheberrechte und Kommunikation / lettische Autorenvereinigung, Lettland) (im Folgenden: AKKA/LAA) und dem Konkurences padome (Wettbewerbsrat, Lettland) über eine vom Wettbewerbsrat gegen die AKKA/LAA verhängte Geldbuße wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 3 („Verhältnis zwischen den Artikeln [101 und 102 AEUV] und dem einzelstaatlichen Wettbewerbsrecht”) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergel...