Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsangleichung. Pauschalreisen. Artikel 7 betreffend den Schutz gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Veranstalters. Geltungsbereich. Reisen, die unter Inanspruchnahme einer finanziellen Beteiligung einem beschränkten Verbraucherkreis als Geschenk angeboten werden. Einbeziehung. Verstoß gegen nationales Wettbewerbsrecht (Richtlinie 90/314 des Rates, Artikel 7). Von einem neuen Mitgliedstaat vorgenommene Beschränkung des Schutzes auf Reisen mit Abreise frühestens am 1. Mai 1995. Hinsichtlich ihrer Höhe und ihrer Berechnungsgrundlage begrenzte Absicherung. Nicht ordnungsgemässe Umsetzung. Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Unmittelbarer Kausalzusammenhang (Richtlinie 90/314 des Rates, Artikel 7)
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 7 der Richtlinie 90/314, der den Schutz gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Veranstalters betrifft, gilt für Reisen, die eine Tageszeitung im Rahmen einer gegen das nationale Wettbewerbsrecht verstossenden Werbeaktion ausschließlich ihren Abonnenten als Geschenk anbietet und für die der Hauptkontrahent als Einzelreisender die Flughafengebühren und den Einzelzimmerzuschlag oder, wenn er von mindestens einer Person begleitet wird, die den vollen Preis bezahlt, lediglich die Flughafengebühren zahlt.
Diese Vorschrift findet nämlich zum einen auch dann Anwendung, wenn die Gegenleistung, die der Käufer zu erbringen hat, nicht zur Abdeckung des Gesamtwerts der Reise oder nur zur Abdeckung eines einzigen Bestandteils der Reise bestimmt ist. Zum anderen findet eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf Pauschalreisen, die einem potentiell unbestimmten Kreis von Verbrauchern angeboten werden, keine Grundlage in der Richtlinie und würde deren Ziel entgegenstehen. Schließlich steht der Umstand, daß die Werbeaktion in Form von Reisen, die als Geschenk angeboten wurden, durch gerichtliche Entscheidung für dem nationalen Wettbewerbsrecht zuwiderlaufend erklärt wurde, der Qualifizierung dieser Reisen als Pauschalreisen im Sinne der Richtlinie nicht entgegen.
2. Ein Mitgliedstaat, der der Europäischen Union am 1. Januar 1995 beigetreten ist und der die Richtlinie 90/314 über Pauschalreisen spätestens bis zu diesem Zeitpunkt umsetzen musste, hat Artikel 7 der Richtlinie, der den Schutz gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Veranstalters betrifft, nicht ordnungsgemäß umgesetzt, wenn er eine Regelung erlassen hat, die Reisende schützt, die nach dem 1. Januar 1995 Pauschalreisen gebucht haben, und den Schutz auf Reisen beschränkt, deren Abreisetermin frühestens auf den 1. Mai 1995 festgesetzt war. Die durch Artikel 7 eingeführten Sicherheiten müssen nämlich alle Pauschalreiseverträge erfassen, die nach dem 1. Januar 1995 für nach diesem Zeitpunkt durchzuführende Reisen geschlossen wurden.
Artikel 7 ist ferner nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden, wenn eine nationale Regelung zur Abdeckung des Risikos nur einen Versicherungsvertrag oder eine Bankgarantie über einen Betrag von mindestens 5 % des Umsatzes aus der Veranstaltertätigkeit im entsprechenden Vierteljahr des vorangegangenen Kalenderjahrs vorschreibt und einen Veranstalter, der seine Tätigkeit aufnimmt, nur verpflichtet, vom geschätzten Umsatz aus der beabsichtigten Veranstaltertätigkeit auszugehen, und dabei auf Umsatzsteigerungen des Veranstalters im laufenden Jahr nicht Bedacht nimmt. Eine solche Regelung ist nämlich von ihrer Struktur her nicht fähig, einem in dem betreffenden Wirtschaftssektor eintretenden Ereignis Rechnung zu tragen und kann nicht die Erstattung aller vom Verbraucher gezahlten Beträge und seine Rückreise im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Reiseveranstalters für den Verbraucher sicherstellen.
Die Beschränkung des in Artikel 7 vorgeschriebenen Schutzes auf Reisen, die frühestens am 1. Mai 1995 angetreten werden, ist offensichtlich mit den Verpflichtungen aus der Richtlinie unvereinbar und stellt somit einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, auch wenn der Mitgliedstaat alle anderen Vorschriften der Richtlinie durchgeführt hat. Im übrigen kann die Haftung des Mitgliedstaats wegen Verstosses gegen Artikel 7 der Richtlinie, wenn ein unmittelbarer Kausalzusammenhang nachgewiesen ist, nicht durch fahrlässiges Verhalten des Reiseveranstalters oder Eintritt aussergewöhnlicher oder unvorhersehbarer Ereignisse ausgeschlossen werden, da solche Umstände nicht geeignet sind, einen unmittelbaren Kausalzusammenhang auszuschließen.
Normenkette
90/314/EWG Art. 7
Beteiligte
Tenor
Artikel 7 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen gilt für Reisen, die eine Tageszeitung im Rahmen einer gegen das nationale Wettbewerbsrecht verstossenden Werbeaktion ausschließlich ihren Abonnenten als Geschenk anbietet und für die der Hauptkontrahent als Einzelreisender die Fl...