Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Unfall, der sich 2006 zwischen Fahrzeugen ereignete, die ihren gewöhnlichen Standort in verschiedenen Mitgliedstaaten haben. Geschäftsordnung des Rates der nationalen Versicherungsbüros der Mitgliedstaaten. Unzuständigkeit des Gerichtshofs. Zeitliche Unanwendbarkeit. Sachliche Unanwendbarkeit. Unanwendbarkeit. Keine Durchführung des Rechts der Union
Normenkette
Richtlinie 2009/103/EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47; Richtlinie 2000/26/EG; Richtlinie 84/5/EWG; Richtlinie 72/166/EWG
Beteiligte
Lietuvos Respublikos transporto priemonių draudikų biuras |
Tenor
Der Gerichtshof ist nicht befugt, im Wege der Vorabentscheidung über den Teil der vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu entscheiden, der die Auslegung der durch das Übereinkommen vom 30. Mai 2002 zwischen den nationalen Versicherungsbüros der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und anderer assoziierter Staaten angenommenen Geschäftsordnung des Rates der Büros im Anhang der Entscheidung 2003/564/EG der Kommission vom 28. Juli 2003 zur Durchführung der Richtlinie 72/166/EWG des Rates in Bezug auf die Kontrolle der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung betrifft.
- Da die Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht auf den Ausgangsrechtsstreit zeitlich nicht anwendbar ist und
- die Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 geänderten Fassung, die Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung in der durch die Richtlinie 2005/14 geänderten Fassung und die Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG des Rates auf den Ausgangsrechtsstreit sachlich nicht anwendbar sind, so dass
- Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union mangels einer Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta auf diesen Rechtsstreit ebenfalls nicht anwendbar ist,
sind diese Richtlinien und Art. 47 der Charta dahin auszulegen, dass sie im vorliegenden Fall den Folgen, die sich aus der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts ergeben, wonach für die Zwecke der Klage aus übergangenem Recht die Beweislast für sämtliche Gesichtspunkte, die die zivilrechtliche Haftung der Beklagten des Ausgangsverfahrens für den Unfall begründen, der sich am 20. Juli 2006 ereignete, dem Lietuvos Respublikos transporto priemonių draudikų biuras (Büro der Kraftfahrzeugversicherer der Republik Litauen) obliegt, nicht entgegenstehen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos Aukščiausiasis Teismas (Oberster Gerichtshof Litauens) mit Entscheidung vom 23. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 2015, in dem Verfahren
Lietuvos Respublikos transporto priemonių draudikų biuras
gegen
Gintaras Dockevičius,
Jurgita Dockevičiene
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Regan, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Lietuvos Respublikos transporto priemonių draudikų biuras, vertreten durch A. Križinauskas als Bevollmächtigten,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas, R. Dzikovič und G. Taluntyte als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Vláčil und M. Smolek als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Varrone, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und A. Steiblyte als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung
- von Art. 3 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 4, Art. 6 Abs. 1 und Art. 10 der durch das Übereinkommen vom 30. Mai 2002 zwischen den nationalen Versicherungsbüros der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und anderer assoziierter Staaten angenommenen Geschäftsordnung des ...