Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern. Familie mit alleinerziehendem Elternteil. Gleichbehandlung mit Familien mit zwei Elternteilen. Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs. Elternurlaub. Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
Normenkette
EURL 2019/1158; EURL 2019/1158 Art. 5
Beteiligte
INSS (Congés d’une mère de famille monoparentale) |
Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS) |
Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) |
Tenor
Das vom Juzgado de lo Social no1 de Sevilla (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 1 Sevilla, Spanien) mit Entscheidung vom 28. September 2022 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache C-673/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social noo1 de Sevilla (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 1 Sevilla, Spanien) mit Entscheidung vom 28. September 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Oktober 2022, in dem Verfahren
CCC
gegen
Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS),
Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, der Präsidentin der Zweiten Kammer A. Prechal (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben einer Richterin der Siebten Kammer und der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS) und des Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS), vertreten durch M. Sánchez Jiménez und A. R. Trillo García, Letrados,
- – der spanischen Regierung, vertreten durch I. Herranz Elizalde als Bevollmächtigten,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín und E. Schmidt als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates (ABl. 2019, L 188, S. 79).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen CCC einerseits und der Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS) (Allgemeine Sozialversicherungskasse, Spanien) und dem Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) (Nationales Institut für soziale Sicherheit, Spanien) andererseits wegen der Weigerung der TGSS und des INSS, den Mutterschaftsurlaub von CCC, die mit ihrem Kind eine Familie mit alleinerziehendem Elternteil bildet, um 16 Wochen zu verlängern.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 92/85/EWG
Rz. 3
Art. 8 („Mutterschaftsurlaub“) der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. 1992, L 348, S. 1) sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 ein Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung gewährt wird, die sich entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten auf die Zeit vor und/oder nach der Entbindung aufteilen.
(2) Der Mutterschaftsurlaub gemäß Absatz 1 muss einen obligatorischen Mutterschaftsurlaub von mindestens zwei Wochen umfassen, die sich entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten auf die Zeit vor und/oder nach der Entbindung aufteilen.“
Richtlinie 2019/1158
Rz. 4
Der 37. Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/1158 lautet:
„Ungeachtet der Anforderung zu beurteilen, ob die für Elternurlaub geltenden Zugangsbedingungen und Modalitäten an den besonderen Bedarf von besonders benachteiligten Eltern angepasst werden sollten, sind die Mitgliedstaaten dazu angehalten zu beurteilen, ob die Zugangsbedingungen und Modalitäten für die Wahrnehmung des Rechts auf Vaterschaftsurlaub, Urlaub für pflegende Angehörige und flexible Arbeitsregelungen an den besonderen Bedarf von etwa alleinerziehenden Elternteilen, Adoptiveltern, Eltern mit Behinderungen, Eltern von Kindern mit Behinderungen oder einer chronischen Erkrankung oder Eltern in einer besonderen Lage wie etwa nach einer Mehrlingsgeburt oder einer Frühgeburt angepasst werden sollten.“
Rz. 5
In Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie heißt es:
„(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Vaterschaftsurlaub‘ die Arbeitsfreistellung für Väter oder – soweit nach nationalem Recht ...