Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Warenverkehr. Maßnahmen gleicher Wirkung. Abschließende Harmonisierung. Verbot der Behinderung des Handels mit Schuherzeugnissen, welche den Kennzeichnungsanforderungen der Richtlinie 94/11 entsprechen. Nationale Rechtsvorschriften, nach denen das Ursprungsland auf dem Etikett von Erzeugnissen genannt werden muss, die im Ausland verarbeitet worden sind und die in italienischer Sprache die Angabe ‚pelle’ tragen. In den freien Verkehr überführte Waren
Normenkette
AEUV Art. 34-36; Richtlinie 94/11/EG Art. 3, 5
Beteiligte
Unione Nazionale Industria Conciaria (UNIC) |
Unione Nazionale dei Consumatori di Prodotti in Pelle, Materie Concianti, Accessori e Componenti (Uni.co.pel) |
Tenor
Die Art. 3 und 5 der Richtlinie 94/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kennzeichnung von Materialien für die Hauptbestandteile von Schuherzeugnissen zum Verkauf an den Verbraucher sind dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach u. a. das Inverkehrbringen der Lederbestandteile von Schuherzeugnissen, die aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern stammen und die in diesem letzteren Fall bereits in einem anderen Mitgliedstaat oder dem betreffenden Mitgliedstaat in Verkehr gebracht worden sind, verboten ist, wenn die Erzeugnisse nicht mit einer Angabe ihres Ursprungslands versehen sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Milano (Italien) mit Entscheidung vom 20. Februar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2014, in dem Verfahren
Unione Nazionale Industria Conciaria (UNIC),
Unione Nazionale dei Consumatori di Prodotti in Pelle, Materie Concianti, Accessori e Componenti (Uni.co.pel)
gegen
FS Retail,
Luna Srl,
Gatsby Srl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Unione Nazionale Industria Conciaria (UNIC), vertreten durch G. Floridia, A. Tornato, M. Mussi, A. Fratini und G. P. Geminiani, avvocati,
- der Unione Nazionale dei Consumatori di Prodotti in Pelle, Materie Concianti, Accessori e Componenti (Uni.co.pel), vertreten durch G. Floridia, A. Tornato, M. Mussi, G. P. Geminiani und A. Fratini, avvocati,
- der FS Retail, vertreten durch M. Sapio, avvocato,
- der Luna Srl, vertreten durch A. Cattel und M. Concetti, avvocati,
- der Gatsby Srl, vertreten durch A. Terenzi, avvocato,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, B. Koopman und H. Stergiou als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, N. Otte Widgren, K. Sparrman, L. Swedenborg, E. Karlsson und F. Sjövall als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und G. Zavvos als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. April 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 AEUV bis 36 AEUV, der Art. 3 und 5 der Richtlinie 94/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kennzeichnung von Materialien für die Hauptbestandteile von Schuherzeugnissen zum Verkauf an den Verbraucher (ABl. L 100, S. 37) und von Art. 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Union).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Unione Nazionale Industria Conciaria (UNIC), einem nationalen Branchenverband, der dem italienischen Industrieverband angehört und die qualifiziertesten Anbieter im Gerbereisektor vertritt, und der Unione Nazionale dei Consumatori di Prodotti in Pelle, Materie Concianti, Accessori e Componenti (Uni.co.pel), einem Verbraucherverband ohne Gewinnerzielungsabsicht und mit einem gemeinnützigen Zweck, einerseits und der FS Retail, der Luna Srl und der Gatsby Srl, Gesellschaften italienischen Rechts, andererseits wegen des Inverkehrbringens in Italien von Schuherzeugnissen, die auf der Innensohle in italienischer Sprache die allgemeine Bezeichnung „pelle” (Leder) oder „vera pelle” (Echtes Leder) ...