Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Anwendungsbereich. Begriff ‚Zivil- und Handelssachen’. Von einer Behörde zum Schutz von Verbraucherinteressen erhobene Klage auf Einstellung unlauterer Geschäftspraktiken
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 1 Abs. 1
Beteiligte
Directeur-Generaal van de Algemene Directie Controle en Bemiddeling van de FOD Economie, K.M.O., Middenstand en Energie |
Leisure Tickets & Activities International BV |
Tenor
Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen” in dieser Bestimmung eine Klage von Behörden eines Mitgliedstaats gegen in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gewerbetreibende fällt, in deren Rahmen diese Behörden im Wege eines Hauptantrags beantragen, das Vorliegen von Verstößen, die vermeintlich widerrechtliche unlautere Geschäftspraktiken darstellen, festzustellen und deren Unterlassung anzuordnen, sowie im Wege akzessorischer Anträge beantragen, dass Maßnahmen zur Veröffentlichung angeordnet werden und ein Zwangsgeld verhängt wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Antwerpen (Appellationshof Antwerpen, Belgien) mit Entscheidung vom 24. Januar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2019, in dem Verfahren
Belgische Staat, vertreten durch den Minister van Werk, Economie en Consumenten, belast met Buitenlandse handel, und durch den Directeur-Generaal van de Algemene Directie Controle en Bemiddeling van de FOD Economie, K.M.O., Middenstand en Energie, jetzt Algemene Directie Economische Inspectie,
Directeur-Generaal van de AlgemeneDirectie Controle en Bemiddeling van de FOD Economie, K.M.O., Middenstand en Energie, jetzt Algemene Directie Economische Inspectie,
gegen
Movic BV,
Events Belgium BV,
Leisure Tickets & Activities International BV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters N. Jääskinen,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Movic BV, vertreten durch L. Savelkoul und B. Schildermans, advocaten,
- der Events Belgium BV und der Leisure Tickets & Activities International BV, vertreten durch T. Baes, advocaat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch P. Cottin, L. Van den Broeck und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von E. Vervaeke, advocaat,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und G. Wils als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. April 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich Belgische Staat (Belgischer Staat), vertreten durch den Minister van Werk, Economie en Consumenten, belast met de Buitenlandse Handel (Minister für Beschäftigung, Wirtschaft und Verbraucher, beauftragt mit dem Außenhandel), und durch den Directeur-Generaal van de Algemene Directie Controle en Bemiddeling van de FOD Economie, K.M.O., Middenstand en Energie (Generaldirektor der Generaldirektion Kontrolle und Vermittlung des Föderalen Öffentlichen Dienstes Wirtschaft, kleine und mittlere Betriebe, Mittelstand und Energie), jetzt Algemene Directie Economische Inspectie (Generaldirektion Wirtschaftsinspektion), sowie der Generaldirektor der Generaldirektion Kontrolle und Vermittlung des Föderalen Öffentlichen Dienstes Wirtschaft, kleine und mittlere Betriebe, Mittelstand und Energie (im Folgenden: die belgischen Behörden) auf der einen Seite und die Gesellschaften niederländischen Rechts Movic BV, Events Belgium BV und Leisure Tickets & Activities International BV auf der anderen Seite gegenüberstehen; Gegenstand des Rechtsstreits ist u. a. die Einstellung der Geschäftspraktik der genannten Gesellschaften, Eintrittskarten für in Belgien organisierte Veranstaltungen weiterzuverkaufen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerbe...