Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr. Glücksspiel. Konzession für die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlenglücksspiele mit fester Quote, die nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird. Beschränkung. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses. Verhältnismäßigkeit
Normenkette
AEUV Art. 49, 56
Beteiligte
Stanley International Betting und Stanleybet Malta |
Stanley International Betting Ltd |
Ministero dell'Economia e delle Finanze |
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli |
Tenor
1. Die Art. 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession für die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlenglücksspiele mit fester Quote im Gegensatz zu anderen Glücksspielen, Prognosewettbewerben oder Wetten, bei denen die Konzession mehreren Konzessionsnehmern erteilt wird, nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird, nicht entgegenstehen, sofern das vorlegende Gericht feststellt, dass die Regelung tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise die vom betreffenden Mitgliedstaat angegebenen Ziele verfolgt.
2. Die Art. 49 und 56 AEUV sowie die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung und den betreffenden Durchführungsvorschriften, die wie im Ausgangsverfahren für die Konzession für die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlenglücksspiele mit fester Quote einen hohen Richtwert festlegen, nicht entgegenstehen, sofern der Richtwert klar, genau und eindeutig formuliert und objektiv gerechtfertigt ist, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist.
3. Die Art. 49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung eines zu einer Ausschreibung gehörenden Musterkonzessionsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession für die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlenglücksspiele mit fester Quote widerrufen wird
- bei einer Straftat, wegen der das Hauptverfahren eröffnet worden ist und die nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers wegen ihrer Art, ihrer Schwere, der Art ihrer Ausführung und ihres Zusammenhangs mit der Tätigkeit, für die die Konzession erteilt worden ist, die Zuverlässigkeit, Professionalität und sittliche Eignung des Konzessionsnehmers ausschließt,
- oder bei einem Verstoß des Konzessionsnehmers gegen die Vorschriften zur Bekämpfung des unerlaubten, illegalen und heimlichen Glücksspiels, insbesondere wenn er selbst oder über eine irgendwo auf der Welt ansässige Gesellschaft, die er kontrolliert oder mit der er verbunden ist, ohne entsprechende Genehmigung mit automatisierten Lotterien und anderen Zahlenglücksspielen mit fester Quote vergleichbare Glücksspiele anbietet,
nicht entgegenstehen, sofern die Bestimmung gerechtfertigt ist, in Bezug auf das verfolgte Ziel verhältnismäßig ist und dem Grundsatz der Transparenz entspricht, was das nationale Gericht unter Berücksichtigung der in diesem Urteil enthaltenen Hinweise zu prüfen haben wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 11. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Juni 2017, in dem Verfahren
Stanley International Betting Ltd,
Stanleybet Malta ltd.
gegen
Ministero dell'Economia e delle Finanze,
Agenzia delle Dogane e dei Monopoli,
weitere Beteiligte:
Lottomatica SpA,
Lottoitalia Srl,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer A. Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters A. Rosas,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Stanley International Betting Ltd, vertreten durch R. Jacchia, F. Ferraro, A. Terranova und D. Agnello, avvocati,
- der Stanleybet Malta ltd., vertreten durch D. Agnello und M. Mura, avvocati,
- der Lottoitalia Srl, vertreten durch F. Satta, R. Mastroianni, S. Fidanzia, A. Gigliola, R. Baratta und A. Romano, avvocati,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino und P. G. Marrone, avvocati dello Stato,
- der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von P. Vlaemminck, R. Verbeke und J. Van den Bon, advocaten,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, A. Silva Coelho und P. de Sousa Inês als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe, G. Gattinara und P. Ondrůšek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. September 2018
folgendes
Urteil
E...