Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Öffentlicher Dienst. Hinterbliebenenversorgung. Voraussetzungen für die Gewährung. Begriff des ‚überlebenden Ehegatten’ eines Unionsbeamten. Ehe und nichteheliche Partnerschaft. Nichteheliche Lebensgemeinschaft. Diskriminierungsverbot. Vergleichbare Lage. Fehlen. Voraussetzung der Mindestdauer der Ehe. Betrugsbekämpfung. Rechtfertigung
Normenkette
Statut der Beamten der Europäischen Union Art. 1d; Statut der Beamten der Europäischen Union Anhang VIII Art. 17 Abs. 1
Beteiligte
Tenor
1. Das Urteil vom 3. Mai 2018, HK/Kommission (T-574/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:252), wird aufgehoben.
2. Die Klage von HK auf Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission, ihm die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung zu verweigern, und auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihm entstanden sein soll, wird abgewiesen.
3. HK, die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen durch das Verfahren im ersten Rechtszug und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 12. Juli 2018,
HK, wohnhaft in Espartinas (Sevilla, Spanien), Prozessbevollmächtigte: S. Rodrigues und A. Champetier, avocats
Rechtsmittelführer,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch G. Gattinara und B. Mongin als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bauer und R. Meyer als Bevollmächtigte,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta, der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzlerin: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2019,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Juli 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit seinem Rechtsmittel begehrt HK die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. Mai 2018, HK/Kommission (T-574/16, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:252), mit dem dieses seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission, ihm die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung zu verweigern (im Folgenden: streitige Entscheidung), und, soweit erforderlich, der Entscheidung der Kommission, seine Beschwerde zurückzuweisen, sowie auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihm entstanden sein soll, abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 2000/78/EG
Rz. 2
Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16) lautet:
„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.”
Rz. 3
Art. 2 „Der Begriff ‚Diskriminierung’”) dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.
(2) Im Sinne des Absatzes 1
a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
…”
Statut
Rz. 4
In Art. 1d des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) in seiner auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) heißt es:
„(1) Bei der Anwendung dieses Statuts ist jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder einer sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten.
Für die Anwendung des Statuts werden nichteheliche Partnerschaften wie Ehen behandelt, sofern die Voraussetzungen nach Anhang VII Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c) erfüllt sind.
…
(5) Führt eine unter das Statut fallende Person, die sich für benachteiligt hält, weil ihr gegenüber der oben ausgeführte Grundsatz der Gleichbehandlung nicht eingehalten wurde, Tatsachen an, die eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung vermuten lassen, obliegt es dem Organ, nachzuweisen, das...