Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Aus Reismehl, Salz und Wasser hergestellte Teigblätter, Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1196/97, Bindungswirkung rechtlicher oder tatsächlicher Feststellungen der EU-Kommission zu einem bestimmten Einfuhrgeschäft
Leitsatz (amtlich)
1. Aus Reismehl, Salz und Wasser hergestellte Teigblätter, die getrocknet, jedoch keiner Wärmebehandlung unterzogen worden sind, gehören zur Unterposition 1905 90 20 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1624/97 der Kommission vom 13. August 1997.
2. Die Prüfung der Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1196/97 der Kommission vom 27. Juni 1997 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur in Frage stellen könnte.
3. Ist die Kommission der Europäischen Gemeinschaften von einem Mitgliedstaat mit einem Antrag auf Erlass von Eingangsabgaben nach Art. 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung befasst worden und hat sie bereits eine Entscheidung erlassen, die rechtliche oder tatsächliche Feststellungen zu einem bestimmten Einfuhrgeschäft enthält, binden diese Feststellungen gemäß Art. 249 EG alle Organe des Mitgliedstaats, an den diese Entscheidung gerichtet ist, einschließlich seiner Gerichte, die diesen Fall im Hinblick auf Art. 220 dieser Verordnung prüfen sollen.
Hat der Einführer innerhalb der Frist des Art. 230 Abs. 5 EG eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erhoben, mit der diese über einen Antrag auf Erlass der Abgaben nach Art. 239 der genannten Verordnung befindet, so ist es Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob das Verfahren auszusetzen ist, bis endgültig über diese Nichtigkeitsklage entschieden ist, oder selbst den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit einer Vorabentscheidungsfrage nach der Gültigkeit anzurufen.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I; EGV 1196/97; EWGV 2913/92 Art. 239
Beteiligte
Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading |
Staatssecretaris van Financiën |
Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading BV |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 13.07.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 269/23) |
Tatbestand
„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Gültigkeit einer Einreihungsverordnung ‐ Auslegung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1196/97 ‐ Art. 220 und 239 des Zollkodex ‐ Art. 871 und 905 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Getrocknete Teigblätter aus Reismehl, Salz und Wasser ‐ Zolltarifliche Einreihung ‐ Nacherhebung von Eingangsabgaben ‐ Erlassverfahren ‐ Erkennbarer Irrtum der Zollbehörden ‐ Offensichtliche Fahrlässigkeit des Einführers“
In der Rechtssache C-375/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 13. Juli 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2007, in dem Verfahren
Staatssecretaris van Financiën
gegen
Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading BV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J.-C. Bonichot, J. Makarczyk, P. Kũris und der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading BV, vertreten durch H. de Bie, advocaat,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, C. ten Dam und M. Mol als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis, Z. Chatzipavlou und I. Pouli als Bevollmächtigte,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia im Beistand von F. Tuytschaever, advocaat,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. September 2008
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die für die Einfuhr von Reispapier geltende Tarifposition und die etwaige Ungültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1196/97 der Kommission vom 27. Juni 1997 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 170, S. 13, im Folgenden: Einreihungsverordnung) und zum anderen die Befugnisse des nationalen Gerichts, das mit einer Klage gegen eine Entscheidung über die Nacherhebung von Eingangsabgaben befasst wird, wenn die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu den fraglichen Einfuhrgeschäften bereits bestimmte tatsächliche oder rechtliche Feststellungen ge...