Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Hypothekenverträge. Klauseln über Verzugszinsen. Missbräuchliche Klauseln. Zwangsvollstreckung aus einer Hypothek. Herabsetzung der Zinsen. Befugnisse des nationalen Richters
Normenkette
Richtlinie 93/13/EWG
Beteiligte
María del Carmen Vega Martín |
Gestión Patrimonial Hive SL |
Francisco Antonio López Reina |
Manuel María Rueda Ledesma |
Rosario Márquez Rodríguez |
Manuela Márquez Rodríguez |
Tenor
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Vorschrift nicht entgegensteht, wonach das nationale Gericht, das mit einem Hypothekenvollstreckungsverfahren befasst ist, verpflichtet ist, die Beträge, die nach der Klausel eines Hypothekendarlehensvertrags, die Verzugszinsen vorsieht, deren Satz das Dreifache des gesetzlichen Zinssatzes übersteigt, geschuldet werden, neu berechnen zu lassen, damit der Zinsbetrag diese Schwelle nicht überschreitet, sofern die Anwendung dieser nationalen Vorschrift:
- der Würdigung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel durch das nationale Gericht nicht vorgreift und
- das Gericht nicht daran hindert, diese Klausel unangewendet zu lassen, wenn es zu dem Ergebnis kommen sollte, dass sie „missbräuchlich” im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia e Instrucción de Marchena (Spanien) mit Entscheidungen vom 12. August 2013, eingegangen beim Gerichtshof am 10. September 2013, in den Verfahren
Unicaja Banco SA
gegen
José Hidalgo Rueda,
María del Carmen Vega Martín,
Gestión Patrimonial Hive SL,
Francisco Antonio López Reina,
Rosa María Hidalgo Vega (C-482/13)
und
Caixabank SA
gegen
Manuel María Rueda Ledesma (C-484/13),
Rosario Mesa Mesa (C-484/13),
José Labella Crespo (C-485/13),
Rosario Márquez Rodríguez (C-485/13),
Rafael Gallardo Salvat (C-485/13),
Manuela Márquez Rodríguez (C-485/13),
Alberto Galán Luna (C-487/13),
Domingo Galán Luna (C-487/13)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin und E. Levits (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie des Richters F. Biltgen,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Unicaja Banco SA, vertreten durch J. Almoguera Valencia, abogado,
- der Caixabank SA, vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo und B. García Gómez, abogados,
- der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González und S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius, M. van Beek und G. Valero Jordana als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Oktober 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Unicaja Banco SA (im Folgenden: Unicaja Banco) auf der einen Seite und Herrn Hidalgo Rueda, Frau Vega Martín, der Gestión Patrimonial Hive SL, Herrn López Reina und Frau Hidalgo Vega auf der anderen Seite, der Caixabank SA (im Folgenden: Caixabank) auf der einen Seite und erstens Herrn Rueda Ledesma und Frau Mesa Mesa, zweitens Herrn Labella Crespo, Frau Márquez Rodríguez, Herrn Gallardo Salvat und Frau Márquez Rodríguez sowie drittens Herrn A. Galán Luna und Herrn D. Galán Luna auf der anderen Seite wegen der Beitreibung von nicht beglichenen Schulden aus zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens geschlossenen Hypothekendarlehensverträgen.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 93/13
Rz. 3
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 sieht vor:
„Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Bestimmungen oder Grundsätzen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft – insbesondere im Verkehrsbereich – Vertragsparteien sind, unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.”
Rz. 4
Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie hat folgenden Wortlaut:
„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.”
Rz. 5
In Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:
„Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wir...