Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Arbeitsloser, der sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs. Dauer
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Art. 7, 63-64
Beteiligte
Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen |
Tenor
Art. 64 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die es dem zuständigen Träger zur Pflicht macht, grundsätzlich jeden Antrag auf Verlängerung des Zeitraums für den Export von Leistungen bei Arbeitslosigkeit über drei Monate hinaus abzulehnen, es sei denn, nach Ansicht dieses Trägers würde die Ablehnung des Antrags zu einem unangemessenen Ergebnis führen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Berufungsgericht in Sachen der sozialen Sicherheit und des öffentlichen Dienstes, Niederlande) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 2016, in dem Verfahren
J. Klein Schiphorst
gegen
Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter C. G. Fernlund, A. Arabadjiev, S. Rodin und E. Regan,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen, vertreten durch J. Hut als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. L. Noort und K. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Pavliš und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch M. Wolff, C. Thorning und J. Nymann-Lindegren als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, H. Shev, L. Swedenborg und F. Bergius als Bevollmächtigte,
- der norwegischen Regierung, vertreten durch K. Moen und D. Lund als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und D. Martin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. November 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 64 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 465/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 (ABl. 2012, L 149, S. 4) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 883/2004).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Klein Schiphorst und dem Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen (Verwaltungsrat des Durchführungsinstituts für Arbeitnehmerversicherungen, Niederlande) über die Ablehnung des Antrags von Herrn Klein Schiphorst, den Zeitraum für den Export seiner Leistungen bei Arbeitslosigkeit über drei Monate hinaus zu verlängern.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Abkommen EG-Schweiz
Rz. 3
Das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, das am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichnet wurde und im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2002/309/EG, Euratom des Rates und – bezüglich des Abkommens über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit – der Kommission vom 4. April 2002 über den Abschluss von sieben Abkommen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. 2002, L 114, S. 1) genehmigt wurde (im Folgenden: Abkommen EG-Schweiz), bestimmt in Art. 8:
„Die Vertragsparteien regeln die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäß Anhang II, um insbesondere Folgendes zu gewährleisten:
…
b) Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften;
…
d) Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben;
…”
Rz. 4
Art. 1 des Anhangs II des Abkommens EG-Schweiz über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der durch den Beschluss Nr. 1/2012 des gemischten Ausschusses, eingesetzt im Rahmen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und...