Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr- Anwendungsbereich. Flugverbindung mit Anschlussflug und Abflug- und Zielort in einem Drittstaat. Einheitliche Buchung bei einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft. Zwischenlandung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats. Verspäteter Alternativflug. Berücksichtigung der tatsächlichen Ankunftszeit für die Ausgleichsleistung
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 261/2004 Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii, Art. 7
Beteiligte
Tenor
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass diese Verordnung auf eine einheitlich gebuchte, aus zwei Teilflügen bestehende Flugverbindung mit Anschlussflug, bei der die Teilflüge von einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft durchzuführen sind, nicht anwendbar ist, wenn sich sowohl der Abflughafen des ersten Teilflugs als auch der Ankunftsflughafen des zweiten Teilflugs in einem Drittstaat befinden und nur der Flughafen, auf dem die Zwischenlandung erfolgt, im Gebiet eines Mitgliedstaats liegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesgericht Korneuburg (Österreich) mit Entscheidung vom 25. August 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 23. September 2020, in dem Verfahren
Airhelp Ltd
gegen
Austrian Airlines AG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und N. Piçarra,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Airhelp Ltd, vertreten durch Rechtsanwältin E. Stanonik-Palkovits,
- der Austrian Airlines AG, vertreten durch Rechtsanwalt M. Klemm,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und G. Kunnert als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch M. Wolff, J. Nymann-Lindegren und M. Jespersen als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und K. Simonsson als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Oktober 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Airhelp Ltd und der Austrian Airlines AG wegen der Weigerung Letzterer, NT, einen Fluggast, in dessen Rechte Airhelp eingetreten ist, wegen der Annullierung seines Fluges zu entschädigen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 2 („Begriffsbestimmungen”) Buchst. h der Verordnung Nr. 261/2004 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
h) ‚Endziel’ den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges; verfügbare alternative Anschlussflüge bleiben unberücksichtigt, wenn die planmäßige Ankunftszeit eingehalten wird;
…”
Rz. 4
Art. 3 („Anwendungsbereich”) dieser Verordnung sieht in den Abs. 1 und 5 vor:
„(1) Diese Verordnung gilt
- für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
- sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
…
(5) Diese Verordnung gilt für alle ausführenden Luftfahrtunternehmen, die Beförderungen für Fluggäste im Sinne der Absätze 1 und 2 erbringen. Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.”
Rz. 5
In Art. 5 („Annullierung”) Abs. 1 Buchst. c Ziff. iii dieser Verordnung heißt es:
„Bei Annullierung eines Fluges [wird] den betroffenen Fluggästen
…
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 einger...