Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Europäischer Markt für Erd- und Unterwasserstromkabel. Aufteilung des Marktes im Rahmen von Projekten. Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung. Nachfolge rechtlicher Einheiten. Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung. Grundsatz der Gleichbehandlung. Verfälschung von Beweisen. Nachprüfungsbefugnisse der Europäischen Kommission im Kartellverfahren. Befugnis, Daten ohne vorherige Prüfung zu kopieren und anschließend in den Räumlichkeiten der Kommission zu prüfen. Geldbußen
Normenkette
EGV 1/2003 Art. 20
Beteiligte
Prysmian und Prysmian Cavi e Sistemi/ Kommission |
Prysmian Cavi e Sistemi Srl |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Prysmian SpA und die Prysmian Cavi e Sistemi Srl tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Die Pirelli & C. SpA trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 24. September 2018,
Prysmian SpA mit Sitz in Mailand (Italien),
Prysmian Cavi e Sistemi Srl mit Sitz in Mailand,
Prozessbevollmächtigte: zunächst C. Tesauro und L. Armati, avvocati, dann C. Firth und C. Griesenbach, Solicitors,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, C. Sjödin, T. Vecchi und P. Rossi als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
The Goldman Sachs Group Inc. mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: J. Koponen, advokat, und A. Mangiaracina, avvocatessa,
Pirelli & C. SpA mit Sitz in Mailand, Prozessbevollmächtigte: G. Rizza und M. Siragusa, avvocati,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter P. G. Xuereb (Berichterstatter) und T. von Danwitz,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Prysmian SpA und die Prysmian Cavi e Sistemi Srl die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Juli 2018, Prysmian und Prysmian Cavi e Sistemi/Kommission (T-475/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:448), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2014) 2139 final der Kommission vom 2. April 2014 in einem Verfahren nach Artikel [101 AEUV] sowie nach Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache AT.39610 – Stromkabel) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, und auf Herabsetzung der gegen sie in dem streitigen Beschluss verhängten Geldbußen abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
In Art. 20 („Nachprüfungsbefugnisse der Kommission”) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) heißt es:
„(1) Die Kommission kann zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.
(2) Die mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen sind befugt,
- alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu betreten;
- die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, zu prüfen;
- Kopien oder Auszüge gleich welcher Art aus diesen Büchern und Unterlagen anzufertigen oder zu erlangen;
- betriebliche Räumlichkeiten und Bücher oder Unterlagen jeder Art für die Dauer und in dem Ausmaß zu versiegeln, wie es für die Nachprüfung erforderlich ist;
- von allen Vertretern oder Mitgliedern der Belegschaft des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen zu verlangen, die mit Gegenstand und Zweck der Nachprüfung in Zusammenhang stehen, und ihre Antworten zu Protokoll zu nehmen.
…
(4) Die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben. Die Kommission erlässt diese Entscheidungen nach Anhörung der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.
…”
Rz. 3
Art. 21 („Nachprüfungen in anderen Räumlichkeiten”) dieser Verordnung bestimmt:
„(1) Besteht ein begründeter Verdacht, dass Bücher oder sonstige Ge...