Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft. Richtlinie. Begriff der technischen Vorschrift. Nationale Regelung, die die Verwendung von glyphosathaltigen Pestiziden durch Privatpersonen auf privat genutzten Grundstücken untersagt. Verpflichtung der Mitgliedstaaten, der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift zu übermitteln

 

Normenkette

Richtlinie (EU) 2015/1535 Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1

 

Beteiligte

Belplant

Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant)

Vlaams Gewest

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in Verbindung mit deren Art. 5

ist dahin auszulegen, dass

eine nationale Regelung, die es Personen, die nicht Inhaber einer für berufliche Verwender bestimmten nationalen Genehmigung sind, verbietet, auf privat genutzten Grundstücken glyphosathaltige Pestizide zu verwenden, eine „technische Vorschrift” im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. d und f dieser Richtlinie sein kann, die nach Art. 5 der Richtlinie Gegenstand einer Mitteilung an die Kommission sein muss, sofern die Anwendung dieser nationalen Regelung die Vermarktung der betreffenden Erzeugnisse wesentlich beeinflussen kann, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Belgien) mit Entscheidung vom 21. Oktober 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Oktober 2021, in dem Verfahren

Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar),

gegen

Vlaams Gewest

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters N. Piçarra in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar), vertreten durch B. Deltour, Advocaat,
  • des Vlaams Gewest, vertreten durch E. Cloots, T. Roes und J. Roets, Advocaten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, M. Escobar Gómez und M. ter Haar als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Belgisch-Luxemburgse vereniging van de industrie van plantenbescherming VZW (Belplant) (Belgisch-Luxemburgischer Verband der Pflanzenschutzindustrie VoG [Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht]), vormals Belgische Vereniging van de Industrie van Plantenbeschermingsmiddelen VZW (Phytofar) (Belgischer Verband der Pflanzenschutzmittelindustrie VoG) (im Folgenden: Belplant), und dem Vlaams Gewest (Flämische Region, Belgien) über die Gültigkeit eines Erlasses der flämischen Regierung, mit dem die Verwendung glyphosathaltiger Pestizide durch Privatpersonen auf privat genutzten Grundstücken auf dem Gebiet der Flämischen Region untersagt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2, 3, 7 und 11 der Richtlinie 2015/1535 lauten:

„(2) Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Folglich ist das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen im Warenaustausch sowie von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie solche mengenmäßigen Beschränkungen eine der Grundlagen der Union.

(3) Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist es angebracht, bei den nationalen Maßnahmen zur Erstellung von technischen Vorschriften die größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.

(7) Durch den Binnenmarkt soll den Unternehmen ein besseres Umfeld für die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden. Eine bessere Nutzung der Vorteile dieses Marktes durch die Unternehmen erfordert insbesondere eine verstärkte Information. Deshalb ist es notwendig, dass den Wirtschaftsteilnehmern durch die regelmäßige Veröffentlichung der Titel der notifiz...

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