Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Verarbeitung personenbezogener Daten. Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten. Keine Umsetzung und keine Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen. Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags und eines Zwangsgeldes
Normenkette
AEUV Art. 258, 260 Abs. 3; EURL 680/2016
Beteiligte
Tenor
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 63 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates verstoßen, dass es bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war, nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hatte, die erforderlich waren, um der Richtlinie nachzukommen, und der Europäischen Kommission somit diese Vorschriften nicht mitgeteilt hatte.
2. Die Vertragsverletzung des Königreichs Spaniens bestand dadurch fort, dass es zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof nicht die Maßnahmen getroffen hatte, die erforderlich waren, um die Bestimmungen der Richtlinie 2016/680 in sein nationales Recht umzusetzen, und der Europäischen Kommission diese Maßnahmen somit auch nicht mitgeteilt hatte.
3. Für den Fall, dass die in Nr. 1 festgestellte Vertragsverletzung am Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils noch andauern sollte, wird das Königreich Spanien verurteilt, ab diesem Tag ein tägliches Zwangsgeld in Höhe von 89 000 Euro an die Europäische Kommission zu zahlen, bis es die festgestellte Vertragsverletzung beendet hat.
4. Das Königreich Spanien wird verurteilt, an die Europäische Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe von 15 000 000 Euro zu zahlen.
5. Das Königreich Spanien wird verurteilt, neben seinen eigenen Kosten die Kosten zu tragen, die der Europäischen Kommission entstanden sind.
6. Die Republik Polen trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 und Art. 260 Abs. 3 AEUV, eingereicht am 4. September 2019,
Europäische Kommission, vertreten durch D. Nardi, G. von Rintelen und S. Pardo Quintillán als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
Beklagter,
unterstützt durch
Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Wahl, des Richters F. Biltgen (Berichterstatter) und der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,
- festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus Art. 63 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. 2016, L 119, S. 89) verstoßen hat, indem es nicht bis zum 6. Mai 2018 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen, oder indem es diese Vorschriften der Kommission jedenfalls nicht mitgeteilt hat;
- gegen das Königreich Spanien gemäß Art. 260 Abs. 3 AEUV wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung, die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie mitzuteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von 89 548,20 Euro für jeden Tag des Verzugs ab Verkündung des vorliegenden Urteils festzusetzen;
- das Königreich Spanien gemäß Art. 260 Abs. 3 AEUV zur Zahlung eines Pauschalbetrags auf der Grundlage eines Tagessatzes von 21 321 Euro, multipliziert mit der Anzahl der Tage, die von dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die in der Richtlinie festgelegte Umsetzungsfrist abgelaufen ist, bis zu dem Tag, an dem der Verstoß behoben wird, oder, falls eine Behebung nicht erfolgt, bis zum Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils, vergangen sind, mindestens jedoch eines Pauschalbetrags von 5 290 000 Euro zu verurteilen und
- dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 1 der Richtlinie 2016/680 lautet:
„(1) Diese Richtlinie enthält Bestimmungen zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum...