Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Sachlicher Geltungsbereich. Einbehaltung von Beiträgen von gesetzlichen Altersrenten und jedem anderen zusätzlichen Vorteil. Art. 13. Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften. Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat
Normenkette
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 4
Beteiligte
Rijksdienst voor Pensioenen |
Tenor
Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998, steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, die die Erhebung von Beiträgen, die einen unmittelbaren und hinreichend relevanten Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften über die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführten Zweige der sozialen Sicherheit aufweisen, auf Leistungen aus Zusatzrentensystemen vorsieht, obwohl der Empfänger dieser Zusatzrenten nicht in diesem Mitgliedstaat wohnt und gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem er wohnt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van Cassatie (Kassationsgerichtshof, Belgien) mit Entscheidung vom 18. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 2015, in dem Verfahren
Rijksdienst voor Pensioenen
gegen
Willem Hoogstad,
Beteiligter:
Rijksinstituut voor ziekte- en invaliditeitsverzekering,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten und der Richter E. Levits und F. Biltgen (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von N. Bonbled und A. Percy, advocaten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wils und D. Martin als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. 1998, L 209, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Rijksdienst voor Pensioenen (Staatliches Rentenamt, im Folgenden: RVP) und Herrn Willem Hoogstad über Abzüge, die auf ihm im Februar 2008 als Kapital ausgezahlte Zusatzrenten vorgenommen wurden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sind
„…
j) ‚Rechtsvorschriften’: in jedem Mitgliedstaat die bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit oder die in Artikel 4 Absatz 2a erfassten beitragsunabhängigen Sonderleistungen.
Dieser Begriff umfasst bestehende oder künftige tarifvertragliche Vereinbarungen nicht, selbst wenn eine behördliche Entscheidung sie für allgemein verbindlich erklärt oder ihren Geltungsbereich erweitert hat. Diese Einschränkung kann jedoch in Bezug auf solche tarifvertraglichen Vereinbarungen:
i) die der Erfüllung einer Versicherungspflicht dienen, die sich aus den in Unterabsatz 1 genannten Gesetzen oder Verordnungen ergibt, oder
ii) die ein System schaffen, dessen Verwaltung von dem Träger gewährleistet wird, der auch die Systeme verwaltet, die durch in Unterabsatz 1 genannte Gesetze oder Verordnungen eingeführt worden sind,
jederzeit durch eine Erklärung des betreffenden Mitgliedstaats aufgehoben werden, in der die Systeme dieser Art genannt sind, auf die diese Verordnung anwendbar ist. Diese Erklärung ist gemäß Artikel 97 zu notifizieren und zu veröffentlichen.
…”
Rz. 4
Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:
„Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:
- Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft,
- Leistungen bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind,
- Leistungen bei A...