Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Beamter der Europäischen Union. Statut. Zwingender Anschluss an das System der sozialen Sicherheit der Organe der Europäischen Union. In einem Mitgliedstaat erzielte Einkünfte aus Immobilien. Pflicht nach dem Recht eines Mitgliedstaats, den allgemeinen Sozialbeitrag, die Sozialabgabe und die Zusatzbeiträge zu entrichten. Beitrag zur Finanzierung der Leistungen des Systems der sozialen Sicherheit dieses Mitgliedstaats
Beteiligte
Ministère des finances et des comptes publics |
Tenor
Art. 14 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union, das dem EU-Vertrag, dem AEU-Vertrag und dem EAG-Vertrag beigefügt ist, und die Bestimmungen des Statuts der Beamten der Europäischen Union über das gemeinsame System der sozialen Sicherheit der Organe der Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, nach der die Einkünfte aus Immobilien, die ein Unionsbeamter in dem Mitgliedstaat erzielt, in dem er seinen steuerlichen Wohnsitz hat, Sozialbeiträgen und Sozialabgaben unterworfen werden, die zur Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit dieses Mitgliedstaats verwendet werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour administrative d'appel de Douai (Verwaltungsberufungsgericht Douai, Frankreich) mit Entscheidung vom 14. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Dezember 2015, in dem Verfahren
Wenceslas de Lobkowicz
gegen
Ministère des Finances et des Comptes publics
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič und L. Bay Larsen, der Kammerpräsidentinnen M. Berger und A. Prechal, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan, D. Šváby, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund und F. Biltgen (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn de Lobkowicz, vertreten durch G. Hannotin, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, D. Colas, R. Coesme und D. Segoin als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und G. Gattinara als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Dezember 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll durch Auslegung des Unionsrechts geklärt werden, ob ein Grundsatz der Anwendbarkeit nur eines Rechts entsprechend dem existiert, der in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, die wiederum durch die Verordnung (EG) Nr. 307/1999 des Rates vom 8. Februar 1999 (ABl. 1999, L 38, S. 1) geändert wurde (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), und in weiterer Folge in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) zum Ausdruck kommt und wie ihn der Gerichtshof im Urteil vom 26. Februar 2015, de Ruyter (C-623/13, EU:C:2015:123), ausgelegt hat.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Wenceslas de Lobkowicz, einem im Ruhestand befindlichen Beamten der Europäischen Kommission, und dem Ministère des Finances et des Comptes publics (Ministerium für Finanzen und Haushalt, Frankreich) wegen der Verpflichtung, für die Jahre 2008 bis 2011 auf in Frankreich erzielte Einkünfte aus Immobilien Sozialbeiträge und Sozialabgaben zu entrichten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 12 des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ABl. 2010, C 83, S. 266, im Folgenden: Protokoll) lautet wie folgt:
„Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Union ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlt, wird zugunsten der Union eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Europäischen Parlament und vom Rat durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung der betroffenen Organe festgelegt werden.
Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von der Union gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.”
Rz. 4
In Art. 13 dieses Protokolls heißt es:
„Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, die sich lediglich zur Ausübung einer Amtstätigkeit im Di...