Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsmarke. Internationale Zuständigkeit. Verletzungsklage. Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Von einer Suchmaschine, die eine nationale Top-Level-Domain verwendet, angezeigte Werbung. Werbung, die das geografische Liefergebiet nicht präzisiert. Zu berücksichtigende Kriterien
Normenkette
Verordnung (EU) 2017/1001 Art. 125 Abs. 5
Beteiligte
Tenor
Art. 125 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke
ist dahin auszulegen, dass
der Inhaber einer Unionsmarke, der glaubt, durch ohne seine Zustimmung erfolgte Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens durch einen Dritten in online angezeigten Werbungen und Verkaufsangeboten für Waren, die mit denen, für die diese Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind, geschädigt worden zu sein, gegen diesen Dritten eine Verletzungsklage vor einem Unionsmarkengericht des Mitgliedstaats erheben kann, in dem sich die Verbraucher und Händler befinden, an die sich diese Werbungen oder Verkaufsangebote richten, auch wenn der Dritte diesen Mitgliedstaat nicht ausdrücklich und eindeutig unter den Gebieten aufzählt, in die die in Rede stehenden Waren geliefert werden könnten, wenn dieser Dritte dieses Zeichen durch einen kostenpflichtigen Suchmaschinenverweis auf der Internetseite einer Suchmaschine benutzt hat, die einen Namen einer nationalen Top-Level-Domain dieses Mitgliedstaats verwendet. Dies ist jedoch nicht bereits deshalb der Fall, weil der betreffende Dritte organisches Suchmaschinenranking von Bildern seiner Produkte auf einem Online-Foto-Sharing-Dienst unter einer generischen Top-Level-Domain mit Meta-Tags, die als Schlüsselwort die betreffende Marke verwenden, vorgenommen hat.
Tatbestand
In der Rechtssache C-104/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Markkinaoikeus (Marktgericht, Finnland) mit Entscheidung vom 14. Februar 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2022, in dem Verfahren
Lännen MCE Oy
gegen
Berky GmbH,
Senwatec GmbH & Co. KG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und Z. Csehi,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Lännen MCE Oy, vertreten durch E. Hodge und K. Tommila, Asianajajat,
- – der Berky GmbH und der Senwatec GmbH & Co. KG, vertreten durch P. Eskola, Asianajaja,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Němečková, S. Noë, J. Ringborg und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 125 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lännen MCE Oy (im Folgenden: Lännen) und den Gesellschaften Berky GmbH und Senwatec GmbH & Co. KG, die demselben Konzern angehören, wegen der behaupteten Verletzung der Unionsmarke WATERMASTER, deren Inhaberin Lännen ist.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung 2017/1001
Rz. 3
In Art. 122 („Anwendung der Unionsvorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“) Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 heißt es:
„Auf Verfahren, welche durch die in Artikel 124 genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden,
a) sind Artikel 4 und 6, Artikel 7 Nummern 1, 2, 3 und 5 sowie Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1)] nicht anzuwenden;
…“
Rz. 4
Art. 123 („Unionsmarkengerichte“) Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten benennen für ihr Gebiet eine möglichst geringe Anzahl nationaler Gerichte erster und zweiter Instanz, die die ihnen durch diese Verordnung zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.“
Rz. 5
Art. 124 („Zuständigkeit für Klagen betreffend Verletzung und Rechtsgültigkeit“) der Verordnung bestimmt:
„Die Unionsmarkengerichte sind ausschließlich zuständig
a) für alle Klagen wegen Verletzung und – falls das nationale Recht dies zulässt – wegen drohender Verletzung einer Unionsmarke;
b) für Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung, falls das nationale Recht diese zulässt;
c) für Klagen wegen Handlungen im Sinne des Artikels 11 Absatz 2;
d) für die in Artikel 128 genann...