Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleiches Entgelt für Männer und Frauen und deren Gleichbehandlung. Mutterschaftsurlaub. Ansprüche von schwangeren Arbeitnehmerinnen auf Krankheitsurlaub, Jahresurlaub und Entstehung von Rentenanwartschaften
Beteiligte
Equal Opportunities Commission |
Tenor
1. Artikel 119 EG-Vertrag, Artikel 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen und Artikel 11 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) stehen einer Klausel eines Arbeitsvertrags nicht entgegen, die die Zahlung eines Entgelts für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs im Sinne von Artikel 8 der Richtlinie 92/85, das höher ist als die in den nationalen Vorschriften über den Mutterschaftsurlaub vorgesehenen Zahlungen, von der Voraussetzung abhängig macht, daß sich die Arbeitnehmerin verpflichtet, die Arbeit nach der Entbindung mindestens für einen Monat wiederaufzunehmen, anderenfalls sie die Differenz zwischen dem Entgelt, das ihr für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs gezahlt wurde, und den genannten Zahlungen zurückzahlen muß.
2. Artikel 8 der Richtlinie 92/85 und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen stehen einer Klausel eines Arbeitsvertrags nicht entgegen, die eine Arbeitnehmerin, die ihre Absicht geäußert hat, ihren Mutterschaftsurlaub im Laufe der sechs Wochen vor der erwarteten Entbindungswoche anzutreten, und die sich wegen einer im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft stehenden Krankheit unmittelbar vor diesem Zeitpunkt im Krankheitsurlaub befindet und während des Krankheitsurlaubs entbindet, verpflichtet, den Zeitpunkt des Beginns des bezahlten Mutterschaftsurlaubs auf den Beginn der sechsten Woche vor der erwarteten Entbindungswoche oder auf den Beginn des Krankheitsurlaubs zu verlegen, wenn dieser Zeitpunkt nach dem erstgenannten liegt.
3. Eine Klausel eines Arbeitsvertrags, wonach eine Frau während des Mutterschaftsurlaubs von 14 Wochen, der Arbeitnehmerinnen nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 92/85 mindestens zusteht, nur dann Krankheitsurlaub nehmen darf, wenn sie sich entscheidet, die Arbeit wiederaufzunehmen und damit den Mutterschaftsurlaub zu beenden, ist nicht mit der Richtlinie 92/85 vereinbar. Hingegen ist eine Klausel eines Arbeitsvertrags, wonach eine Frau während eines zusätzlichen Mutterschaftsurlaubs, den der Arbeitgeber ihr gewährt, nur dann Krankheitsurlaub nehmen darf, wenn sie sich entscheidet, die Arbeit wiederaufzunehmen und damit den Mutterschaftsurlaub zu beenden, mit den Richtlinien 76/207 und 92/85 vereinbar.
4. Die Richtlinien 92/85 und 76/207 stehen einer Klausel eines Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach Ansprüche auf Jahresurlaub nur während des Mutterschaftsurlaubs von 14 Wochen, der Arbeitnehmerinnen nach Artikel 8 der Richtlinie 92/85 mindestens zusteht, nicht aber während weiterer Zeiten zusätzlichen Mutterschaftsurlaubs, den der Arbeitgeber ihnen gewährt, entstehen.
5. Die Richtlinie 92/85 steht einer Klausel eines Arbeitsvertrags entgegen, wonach im Rahmen eines vollständig vom Arbeitgeber finanzierten betrieblichen Systems Rentenanwartschaften während des Mutterschaftsurlaubs im Sinne von Artikel 8 der Richtlinie 92/85 nur für die Zeiten entstehen, für die die Frau ein in diesem Vertrag oder im nationalen Recht vorgesehenes Entgelt erhält.
Tatbestand
In der Rechtssache C-411/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Industrial Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Margaret Boyle u. a.
gegen
Equal Opportunities Commission
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. L 45, S. 19), der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) und der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung
der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am A...