Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2001/83/EG. Art. 5 und 6. Arzneispezialitäten. Humanarzneimittel. Genehmigung für das Inverkehrbringen. Regelung eines Mitgliedstaats, nach der Arzneimittel, die genehmigten Arzneimitteln gleichartig, aber kostengünstiger sind, von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit sind
Beteiligte
Tenor
1. Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 geänderten Fassung verstoßen, dass sie Art. 4 der Ustawa Prawo farmaceutyczne (Arzneimittelgesetz) vom 6. September 2001 in der durch das Gesetz vom 30. März 2007 geänderten Fassung erlassen und beibehalten hat, soweit diese Rechtsvorschrift aus dem Ausland eingeführte Arzneimittel, die dieselben Wirkstoffe, dieselbe Dosierung und dieselbe Darreichungsform aufweisen wie Arzneimittel, die in Polen eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten haben, unter u. a. der Voraussetzung von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit, dass der Preis dieser eingeführten Arzneimittel im Verhältnis zum Preis der Erzeugnisse, für die eine solche Genehmigung erteilt wurde, wettbewerbsfähig ist.
2. Die Republik Polen trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 13. April 2010,
Europäische Kommission, vertreten durch M. Šimerdová und K. Herrmann als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Polen, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, T. von Danwitz und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. September 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 (ABl. L 324, S. 121) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83) verstoßen hat, dass sie Art. 4 der Ustawa Prawo farmaceutyczne (Arzneimittelgesetz) vom 6. September 2001 in der durch das Gesetz vom 30. März 2007 (Dz. U. Nr. 75, Pos. 492) geänderten Fassung erlassen und beibehalten hat, soweit diese Rechtsvorschrift aus dem Ausland eingeführte Arzneimittel, die dieselben Wirkstoffe, dieselbe Dosierung und dieselbe Darreichungsform aufweisen wie Arzneimittel, die in Polen eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten haben, unter u. a. der Voraussetzung von der Genehmigung für das Inverkehrbringen befreit, dass der Preis dieser eingeführten Arzneimittel im Verhältnis zum Preis der Erzeugnisse, für die eine solche Genehmigung erteilt wurde, wettbewerbsfähig ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 lautet:
„Diese Richtlinie gilt für Humanarzneimittel, die in den Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden sollen und die entweder gewerblich zubereitet werden oder bei deren Zubereitung ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt.”
Rz. 3
Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Ein Mitgliedstaat kann gemäß den geltenden Rechtsbestimmungen in besonderen Bedarfsfällen Arzneimittel von den Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie ausnehmen, die auf eine nach Treu und Glauben aufgegebene Bestellung, für die nicht geworben wurde, geliefert werden und die nach den Angaben eines zugelassenen Angehörigen der Gesundheitsberufe hergestellt werden und zur Verabreichung an einen bestimmten Patienten unter seiner unmittelbaren persönlichen Verantwortung bestimmt sind.”
Rz. 4
In Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie heißt es:
„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136, S. 1)] in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 erteilt wurde.”
Nationales Recht
Rz. 5
Art. 4 des Arzneimittelgesetz...