Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung. Verpflichtender automatischer Informationsaustausch über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen. Meldepflicht. Subsidiäre Unterrichtungspflicht. Berufsgeheimnis. Gültigkeit. Recht auf Achtung des Privatlebens. Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit in Strafsachen. Grundsatz der Rechtssicherheit
Normenkette
Richtlinie 2011/16/EU Art. 8ab Abs. 1; Richtlinie 2011/16/EU Art. 8ab Abs. 5; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7, 20-21, 49 Abs. 1
Beteiligte
Belgian Association of Tax Lawyers u.a. |
Belgian Association of Tax Lawyers |
Ordre des barreaux francophones et germanophone |
Instituut van de Accountants en de Belastingconsulenten |
Premier ministre/Eerste Minister |
Tenor
1.Die Prüfung des Aspekts, auf den sich die erste Vorlagefrage bezieht, hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG in der durch die Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 geänderten Fassung im Licht der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie der Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berühren könnte.
2.Die Prüfung der Aspekte, auf die sich die zweite und die dritte Vorlagefrage beziehen, hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 2011/16 in der durch die Richtlinie 2018/822 geänderten Fassung im Licht des Grundsatzes der Rechtssicherheit, des in Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit in Strafsachen und des durch Art. 7 der Charta garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens berühren könnte.
3.Die vom Gerichtshof im Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C-694/20, EU:C:2022:963), festgestellte Ungültigkeit von Art. 8ab Abs. 5 der Richtlinie 2011/16 in der durch die Richtlinie 2018/822 geänderten Fassung im Licht von Art. 7 der Charta der Grundrechte gilt nur für Personen, die ihre beruflichen Tätigkeiten unter einer der in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, aufgeführten Berufsbezeichnungen ausüben.
4.Die Prüfung der Aspekte, auf die sich die fünfte Vorlagefrage bezieht, hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 2011/16 in der durch die Richtlinie 2018/822 geänderten Fassung im Licht des durch Art. 7 der Charta der Grundrechte garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens berühren könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache C-623/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour constitutionnelle (Verfassungsgerichtshof, Belgien) mit Entscheid vom 15. September 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 29. September 2022, in dem Verfahren
Belgian Association of Tax Lawyers,
SR,
FK,
Ordre des barreaux francophones et germanophone,
Orde van Vlaamse Balies,
CQ,
Instituut van de Accountants en de Belastingconsulenten,
VH,
ZS,
NI,
EX
gegen
Premier ministre/Eerste Minister,
Beteiligte:
Conseil des barreaux européens AISBL,
Conseil national des barreaux de France,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer (Berichterstatter) sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwalt: N. Emiliou,
Kanzler: N. Mundhenke, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Belgian Association of Tax Lawyers sowie von SR und FK, vertreten durch P. Malherbe, Avocat, und P. Verhaeghe, Advocaat,
- – des Ordre des barreaux francophones et germanophone, vertreten durch J. Noël und S. Scarnà, Avocats,
- – des Orde van Vlaamse Balies und von CQ, vertreten durch P. Wouters, Advocaat,
- – des Instituut van de Accountants en de Belastingconsulenten sowie von VH, ZS, NI und EX, vertreten durch F. Judo, Advocaat,
- – des Conseil national des barreaux de France, vertreten durch J.-P. Hordies und J. Tacquet, Avocats,
- – der belgischen Regierung, vertreten durch S. Baeyens, P. Cottin und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von S. Hamerijck, Sachverständige,
- – der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- – der spanischen Regierung, vertreten durch A. Ballesteros Panizo und I. Herranz Elizalde als Bevollmächtigte,
- – der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und A. Kramarczyk-Szaładzińska als Bevollmächtigte,
- – des Rates der Europäischen Union, vertreten durch I....