(1) Der mit dem Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze eingeführte § 8 Abs. 4 AÜG sieht vor, dass Leiharbeitnehmer – auch bei Bestehen eines Tarifvertrages im Sinne des Absatzes 2 – spätestens nach 9 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher hinsichtlich des Arbeitsentgelts grundsätzlich gleichzustellen sind. Längere Abweichungen vom gesetzlichen Equal Pay-Grundsatz sind nur noch zulässig, wenn ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag gilt, der die in Satz 2 bestimmten sozialen Leitplanken einhält.
Die Bestimmung des maßgeblichen Überlassungszeitraums richtet sich nach § 187 Abs. 2 Satz 1, § 188 Abs. 2 2. Alt. BGB. Die nach Monaten bestimmte Frist beginnt mit dem ersten Tag der Überlassung und endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Beginnt die Überlassung bspw. am 3. April 2017, kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts grundsätzlich nur bis zum Ablauf des 2. Januar 2018 nach Absatz 2 vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden. Eine längere Abweichung vom Equal Pay durch Tarifvertrag ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe FW 8.4 Abs. 3).
(2) § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG beschränkt die Möglichkeit, durch einen Tarifvertrag im Sinne des § 8 Abs. 2 AÜG hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz abzuweichen, auf die ersten 9 Monate einer Überlassung. Demnach haben Leiharbeitnehmer in Fällen, in denen durch Anwendung eines Tarifvertrages nach § 8 Abs. 2 AÜG vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen wird, nach Ablauf der ersten 9 Monate einer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf Equal Pay. Für die Berechnung des 9-Monats-Zeitraums sind nur ab dem 1. April 2017 zurückgelegte Überlassungszeiten maßgeblich (§ 19 Abs. 2 AÜG).
(3) Eine über 9 Monate Einsatzdauer hinausgehende Abweichung vom Gebot gleicher Entlohnung ist nur zulässig, wenn für das Arbeitsverhältnis ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag gilt, der den gesetzlichen Anforderungen des § 8 Abs. 4 Satz 2 AÜG genügt:
- Die Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche haben in dem Zuschlagstarifvertrag ein gleichwertiges Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AÜG festgelegt.
- Der Zuschlagstarifvertrag regelt, dass spätestens nach 15 Monaten einer Überlassung mindestens das im Tarifvertrag als gleichwertig festgelegte Arbeitsentgelt erreicht wird.
- Der Zuschlagstarifvertrag sieht vor, dass nach einer Einarbeitungszeit von höchstens 6 Wochen eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts an das als gleichwertig festgelegte Arbeitsentgelt erfolgt.
(4) Nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können einen Tarifvertrag im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 AÜG zur Geltung bringen, indem sie diesen im jeweiligen Arbeitsvertrag in Bezug nehmen (§ 8 Abs. 4 Satz 3 AÜG).
(5) FW 1.2.1 Abs. 2 und Abs. 4 gelten entsprechend. Vorherige, ab dem 1. April 2017 zurückgelegte (vgl. § 19 Abs. 2 AÜG) Überlassungszeiten an denselben Entleiher sind vollständig auf den 9- bzw. 15-Monats-Zeitraum anzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die vorherige Überlassung durch denselben oder einen anderen Verleiher erfolgte. Für die Beurteilung, ob es sich um denselben Entleiher handelt, ist auf den Entleiher als Arbeitgeber abzustellen, vgl. FW 1.1.2 Abs. 3. Voraussetzung für die Anrechnung vorheriger Überlassungen ist jedoch, dass zwischen zwei Überlassungen an denselben Entleiher jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. Wird durch Addition der zu berücksichtigenden Überlassungszeiten der 9- bzw. 15-Monats-Zeitraum erreicht, besteht ein Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Equal Pay (vgl. FW 8.4 Abs. 2) bzw. das in einem Zuschlagstarifvertrag festgelegte gleichwertige Arbeitsentgelt (vgl. FW 8.4 Abs. 3). Liegt zwischen zwei Einsätzen bei demselben Entleiher dagegen ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, erfolgt keine Anrechnung der vorherigen Überlassung. Eine solche Unterbrechung von mehr als drei Monaten bewirkt, dass der 9- bzw. 15-Monats-Zeitraum wieder neu zu laufen beginnt. Die Prüfung der Anrechnung vorheriger Überlassungszeiten endet daher regelmäßig, sobald ein Zeitraum von mehr als drei Monaten identifiziert wird, in dem der Leiharbeitnehmer nicht an denselben Entleiher überlassen war. Die Berechnung der Dauer einer vorherigen zu berücksichtigenden Überlassung und die Berechnung der Unterbrechungsdauer richten sich ebenfalls nach den in FW 8.4 Abs. 1 genannten Vorschriften des BGB. Sind mehrere Überlassungen zu berücksichtigen, ist die insgesamt zu berücksichtigende Überlassungsdauer durch Addition zu ermitteln. Für die Berechnung von Teilmonaten ist der Monat mit 30 Tagen anzusetzen (in Anlehnung an § 191 BGB). Vgl. hierzu auch das Beispiel zur Überlassungshöchstdauer unter FW 1.2.1 Abs. 3.
(6) FW 1.2.3 Abs. 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Feststellung anrechenbarer Überlassungszeiten durch den Erlaubnisinhaber notwendig ist um beurteilen zu können, ab welchem Zeitpunkt dem Leiharbeitnehme...