Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 6 WEG, § 119 BGB, § 133 BGB, § 891 BGB, § 925 BGB
Kommentar
1. Zum Sachverhalt in Kurzform:
Schon in den 70er Jahren erwarb ein Eigentümer eine Wohnung Nr. 12 laut Teilungserklärung, zu der nach dem Aufteilungsplan ein Keller Nr. 12 gehörte. Ein anderer Eigentümer besaß eine Wohnung Nr. 11 mit Keller Nr. 11 laut Plan. Nach weiteren, nicht zum Inhalt des Grundbuches gewordenen Plänen sollten die beiden Keller (Nebenräume des Sondereigentums) getauscht werden. Der Eigentümer der Wohnung Nr. 11 nutzte nun von Anfang an den Keller Nr. 12, umgekehrt der Eigentümer der Wohnung Nr. 12 den Keller Nr. 11. Erst jetzt kam es zum Herausgabestreit (Zug um Zug gegen Herausgabe des in eigenem Besitz befindlichen Kellers).
2. Aus den Gründen:
Laut Grundbucheintrag sind die Keller mit jeweils gleicher Nummer zu den Wohnungen zugeordnet; nach § 891 Abs. 1 BGB ist damit von der Vermutung auszugehen, dass der Eigentümer der Wohnung Nr. 12 auch Eigentümer des Kellerraumes Nr. 12 ist. Diese Rechtsvermutung ist allerdings widerlegbar und im vorliegenden Fall tatsächlich widerlegt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts fehlte es an einer wirksamen Einigung über den Übergang des Eigentums an der Wohnung Nr. 12 samt Keller Nr. 12 zwischen dem früheren Eigentümer und dem Antragsteller (vgl. § 873 BGB, § 925 BGB); damit ist die Vermutung des § 891 BGB widerlegt. Beide Vertragsparteien sind übereinstimmend von fälschlicher Kellerzuordnung ausgegangen. Infolge dieser Vorstellung, die von der beurkundeten Erklärung abweicht, gilt nicht das objektiv Erklärte, sondern das von den Vertragsparteien übereinstimmend Gewollte (Fall einer sog. "falsa demonstratio" d.h. Falschbezeichnung nach h. R. M.), und zwar bezogen sowohl auf den Kaufvertrag als auch die erklärte Auflassung. Gegenstand der Auflassung waren somit die zum Wohnungssondereigentum Nr. 12 gehörenden Wohnräume zusammen mit dem Keller Nr. 11. Der Eigentümer der Wohnung Nr. 12 einschließlich des Kellers Nr. 12 wurde also in Wirklichkeit nicht Eigentümer dieses Wohnungseigentums, da es insoweit an der dinglichen Einigung fehlte. Das Grundbuch ist daher durch die Eintragung unrichtig geworden. Die Bestimmung des § 139 BGB kann, soweit es um die Wohnräume geht, nicht eingreifen, da die Eintragung nicht teilbar ist. Denn hielte man die Eintragung des Miteigentumsanteils nur mit den Wohnräumen als zugehörigem Sondereigentum für zulässig, würde der Keller Nr. 12 ein Sondereigentum ohne Miteigentumsanteil werden, was rechtlich nicht zulässig ist. Eigentümer der Wohnung Nr. 12 mit dem Keller Nr. 11 statt des Kellers Nr. 12 ist der Antragsteller deshalb nicht geworden, weil es insoweit an entsprechender Eintragung fehlt. Wohnungseigentum ist besonders ausgestaltetes Miteigentum am Grundstück, sodass über den Miteigentumsanteil, der rechtlich im Vordergrund steht, nur mit dem dazugehörigen Sondereigentum verfügt werden kann (vgl. § 6 Abs. 1 WEG; h. R. M.). Parteien haben sich allerdings über alle für wesentlich gehaltenen Vertragspunkte zu einigen; ein einseitiger oder beidseitiger Irrtum löst die allgemeinen Rechtsfolgen aus. Bei einer Veräußerung von Wohnungseigentum muss sich daher die Einigung nicht nur auf den Miteigentumsanteil, sondern auch auf das zugehörige Sondereigentum erstrecken. Von Bedeutung ist hierbei, dass dieses wirtschaftlich und wertmäßig für die Parteien im Vordergrund steht. Der Senat teilt insoweit die Meinung des Landgerichts nicht, die Einigung über den zugehörigen Keller sei nicht derart wesentlich, dass mit ihr die dingliche Einigung insgesamt stehe und falle. Dies könnte nur bei ganz untergeordneten Vertragspunkten zutreffen (wie hier nicht).
Der Willensmangel, mit dem die Auflassung behaftet ist, haftet auch dem Kaufvertrag an; er führt aber nicht zu dessen Nichtigkeit gem. § 306 BGB. Es besteht nämlich keine objektive Unmöglichkeit einer Korrektur, die von den Beteiligten vorgenommen werden kann. Erforderlich ist hierzu, dass die Keller zwischen den Eigentümern der Wohnungen Nr. 11 und 12 ausgetauscht werden, also das Sondereigentum am Keller Nr. 12 neuerlich aufgelassen und mit dem Miteigentumsanteil der Wohnung Nr. 11 verbunden wird und umgekehrt. Dies ist trotz der Bestimmung des § 6 Abs. 1 WEG möglich und bedarf nicht der Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer (ebenfalls h. R. M.). Erforderlich ist dazu allein die Gläubigerzustimmung eines in Abt. III des Grundbuches eingetragenen Grundschuldgläubigers.
Eine erneute Eintragung des Eigentumswechsels ist allerdings nicht erforderlich; es genügt, wenn die Angabe der Eintragungsgrundlage in Spalte 4 der II. Abteilung des Grundbuches richtiggestellt wird (Demharter, GBO-Kommentar, 21. Aufl., Anhang zu § 13 Rn. 9). Damit lässt sich die Rechtslage herstellen, die der seit 20 Jahren geübten tatsächlichen Handhabung entspricht und von der die Beteiligten lange Zeit auch rechtlich maßgebend ausgegangen sind.
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