Leitsatz
Eine Farbvorgabe für das laufende Mietverhältnis benachteiligt den Mieter auch dann unangemessen, wenn er bei Mietbeginn eine frisch in weiß gestrichene Wohnung übernommen hat.
Sachverhalt
Vermieter und Mieterin einer Wohnung stritten darüber, ob die Mieterin Schönheitsreparaturen ausführen musste. Die Mieterin hatte die Wohnung zu Mietbeginn im Jahr 2005 mit einem neuen weißen Anstrich übernommen. Im Mietvertrag sind die Schönheitsreparaturen formularmäßig auf die Mieterin abgewälzt.
Außerdem ist eine Quotenabgeltungsklausel vereinbart. Zur Ausführung der Schönheitsreparaturen heißt es: "Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit – handwerksgerecht – ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der Anstrich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach TAKT, zu erfolgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Genehmigung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten."
Nach Ende des Mietverhältnisses im Jahr 2008 hatte die Mieterin an Wänden und Decken der Wohnräume Schönheitsreparaturen ausgeführt. Im Hinblick auf die Quotenabgeltungsklausel behielt der Vermieter für anteilige Kosten der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Heizkörper, Innentüren, Keller sowie des Loggiabodens aus der Kaution 650 EUR ein. Die Mieterin meint, dass die Schönheitsreparaturklauseln wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam seien und ihr die Kaution deshalb ungekürzt auszuzahlen sei. Für die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen verlangt sie Wertersatz.
Der BGH gab der Mieterin Recht. Die Schönheitsreparaturen sind nicht wirksam auf die Mieterin übertragen, weil der Mietvertrag eine unzulässige Farbwahlklausel enthält. Eine Farbwahlklausel benachteiligt den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Die hier vereinbarte Farbwahlklausel wird dem nicht gerecht. Sie gibt dem Mieter – auch für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit – einen weißen Anstrich von Decken und Wänden vor und schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters dadurch in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.
Es spielt für die Beurteilung der Farbwahlklausel keine Rolle, dass die Mieterin die Wohnung mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hatte, denn der Vermieter hat grundsätzlich kein berechtigtes Interesse daran, dem Mieter während der Mietzeit eine bestimmte Dekorationsweise vorzuschreiben oder den Gestaltungsspielraum auch nur einzuengen. Auch die in der Klausel vorgesehene Möglichkeit, im Einzelfall die Erlaubnis des Vermieters zu einer Dekoration in abweichender Farbe einzuholen, führt nicht zu deren Wirksamkeit. Mangels eines sachlich gerechtfertigten Interesses des Vermieters, auf die Dekorationsweise während der laufenden Mietzeit Einfluss zu nehmen, muss sich der Mieter hierauf von vornherein nicht verweisen lassen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 22.2.2012, VIII ZR 205/11.