Leitsatz

Fassadensanierung: Einfache Sanierung oder Erneuerung mit Wärmedämmung?

 

Normenkette

§§ 21, 22 Abs. 1 WEG a. F.; § 8 Wärmeschutzverordnung; § 9 Energieeinsparverordnung 2007

 

Kommentar

  1. Auf die Anfechtung der Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung 2005 ist noch das im Zeitpunkt der Beschlussfassung gültige Recht anzuwenden. Einschlägig ist vorliegend § 21 WEG a. F. Vorliegend konnte nach objektiver Auslegung der angefochtenen Beschlüsse noch nicht davon ausgegangen werden, dass mit diesen Beschlüssen bereits grundlegend in der Gemeinschaft festgelegt worden sei, eine Wärmedämmung am Haus anzubringen, "koste es, was es wolle". Vielmehr sollten unter Hinzuziehung eines Architekten erst entsprechende Angebote für einen Wärmedämmputz eingeholt werden; anschließend sollte in einer neuerlich einzuberufenden Versammlung über einen Auftrag und auch zu leistende Sonderzahlungen eine weitere Beschlussfassung erfolgen.
  2. Nach altem Recht ist zwischen ordnungsgemäßer Instandsetzung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG a. F. und baulichen Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. zu unterscheiden. Unter Instandsetzung ist grds. die Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsgemäßen Zustands zu verstehen. Allerdings können auch modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen im Einzelfall als solchermaßen ordnungsgemäße Instandsetzung angesehen werden, obwohl sie nicht auf die bloße Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands in Form einer Reparatur beschränkt werden. Für die Beurteilung der Frage einer Abgrenzung im Einzelfall ist insbesondere entscheidend: Der bisherige Zustand der Teile des Gemeinschaftseigentums, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Aufwand und zu erwartendem Erfolg und schließlich auch, inwieweit sich eine geplante Modernisierung bereits bewährt und durchgesetzt hat. Dabei ist davon auszugehen, wie ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossener Hauseigentümer entscheiden würde. Auch nach altem Recht ist bei anstehender Wärmedämmung eines Gebäudes die Entscheidung nicht zu eng am bestehenden Zustand auszurichten, wenn ein Wohngebäude nicht zum Schaden aller Eigentümer vorzeitig veralten und an Wert verlieren soll. Entscheidend war und ist eine Abwägung aller Vor- und Nachteile einer bloßen Reparatur des vorhandenen Zustands einerseits und der Herstellung eines neuen Zustands andererseits. Auch eine Erneuerung einer Fassadenverkleidung unter Anbringung eines zusätzlichen Wärmeschutzes ist nach den vorstehenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. OLG Hamm, ZMR 2007, 131; BayObLG, NZM 2002, 75 = ZMR 2002, 209; KG, FGPrax 1996, 95; OLG Düsseldorf, NZM 2000, 1067; Münchner Kommentar BGB/Engelhardt, 4. Aufl. § 21 WEG Rn. 10).

    Vorliegend wurde die Angelegenheit deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das LG zurückverwiesen.

  3. Ist bei Schäden an einer Fassade eine einfache Reparatur ausreichend oder erstreckt sich die erforderliche Erneuerungsmaßnahme auf weniger als 20 % der Gesamtfläche der jeweiligen Bauteile, greift § 8 Abs. 2 der Wärmeschutzverordnung 1995 nicht ein. In diesen beiden Fällen beurteilt sich die Ordnungsmäßigkeit einer Erneuerung von Teilen der Fassade nach der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme, die anhand einer Kosten-/Nutzenanalyse zu ermitteln ist.

    Ist dagegen eine Erneuerung erforderlich, die sich auf 20 % und mehr der Gesamtfläche der jeweiligen Bauteile erstreckt, ist § 8 Abs. 2 der Wärmeschutzverordnung 1995 (bzw. § 9 Abs. 4 Nr. 1 der Energieeinsparverordnung v. 24.7.2007 in Verbindung mit der Anlage 1, Tabelle 2, Zeile 4, Spalte 1) anwendbar, sodass sich nicht mehr die Frage der Amortisation der Kosten stellt, weil dann die Wärmedämmung zwingend gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Energieeinsparverordnung v. 24.7.2007 enthält insoweit i. Ü. die gleichen Werte wie die Wärmeschutzverordnung von 1995.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 18.11.2008, I-15 Wx 139/08

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