Einführung
Zweifelt der rechtliche Vater an der leiblichen Abstammung des Kindes von ihm und möchte er deshalb eine genetische Abstammungsuntersuchung in Auftrag geben, so ist er dafür auf die Einwilligung von Mutter und Kind angewiesen. Erteilen diese ihre Einwilligung nicht, blieb dem rechtlichen Vater nach bisherigem Recht nur die Möglichkeit der gerichtlichen Anfechtung der Vaterschaft nach den §§ 1600 ff. BGB, die bei fehlender Abstammung allerdings unwiderruflich das rechtliche Band zwischen ihm und dem Kind durchtrennte.
Am 1. April 2008 ist nun das "Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren" in Kraft getreten. In dem neu eingefügten § 1598a BGB ist geregelt, dass Vater, Mutter und Kind gegeneinander einen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung haben. Wird die Einwilligung nicht erteilt, wird sie grundsätzlich vom Familiengericht ersetzt. Bei einer erheblichen Kindeswohlbeeinträchtigung wird das Verfahren ausgesetzt.
Nachfolgend soll kurz die Entstehungsgeschichte des Gesetzes dargestellt werden (I.). Sodann sollen ein Überblick über das neue Klärungsverfahren gegeben (II.) und seine Auswirkungen auf die anwaltliche Beratungspraxis beleuchtet werden (III.). Abschließend erfolgt ein Ausblick auf das noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gendiagnostikgesetz (IV.).
I. Entstehungsgeschichte
Am 12. Januar 2005 entschied der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen, dass Abstammungsgutachten, die heimlich, also ohne Kenntnis und Zustimmung der betroffenen Person, eingeholt werden, das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung verletzen und daher im Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft nicht verwertet werden dürfen. Mit Urteil vom 13. Februar 2007 bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und gab dem Gesetzgeber gleichzeitig auf, bis zum 31. März 2008 ein Verfahren allein zur Klärung der Vaterschaft zu schaffen.
Die Bundesregierung legte am 11. Juli 2007 den Entwurf für ein Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vor. Nach den Beratungen im Bundestag wurde das Gesetz schließlich am 21. Februar 2008 mit einigen Änderungen beschlossen und am 26. März 2008 verkündet.
II. Das neue Klärungsverfahren
1. Der Klärungsanspruch
In § 1598a Abs. 1 BGB ist nunmehr gesetzlich festgelegt, dass die Familienmitglieder (rechtlicher Vater, Mutter und Kind) gegeneinander einen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und auf Duldung der Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe haben. Zweifelt der rechtliche Vater an seiner Vaterschaft, kann er nunmehr also von der Mutter und dem Kind verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen. Entsprechendes gilt für die Mutter, die sich nicht sicher ist, ob das Kind vom rechtlichen Vater abstammt. Aber auch das Kind kann, selbst wenn es schon längst erwachsen ist, von seinen Eltern verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen.
Keinen Klärungsanspruch nach § 1598a Abs. 1 BGB hat der potenzielle biologische Vater. Insoweit bestehen aber die Möglichkeiten der Anfechtungsklage und der Feststellungsklage. In beiden Fällen ist im Interesse des Kindes sichergestellt, dass der biologische Vater nicht nur seine Vaterschaft klären lässt, sondern auch die rechtliche Verantwortung für das Kind übernimmt. Umgekehrt kann gegen den potenziellen biologischen Vater auch kein Klärungsanspruch geltend gemacht werden.
2. Die Ersetzung der Einwilligung
Willigen ein oder mehrere Familienmitglieder nicht in die Abstammungsuntersuchung ein, kann der Anspruch auf Einwilligung gerichtlich durchgesetzt werden. Das Familiengericht ersetzt auf Antrag die fehlende Einwilligung und ordnet die Duldung der Probeentnahme an (§ 1598a Abs. 2 BGB). Dem Gericht steht bei seiner Entscheidung kein Ermessensspielraum zu. Liegen die Voraussetzungen des § 1598a Abs. 1 BGB vor, gehört also der Anspruchsteller zu dem Kreis der Klärungsberechtigten und die Anspruchsgegner zum Kreis der Klärungsverpflichteten, hat das Familiengericht grundsätzlich die Einwilligung zu ersetzen und die Duldung der Probeentnahme anzuordnen. Vor seiner Entscheidung hat das Familiengericht allerdings zu prüfen, ob das Verfahren gegebenenfalls nach § 1598a Abs. 3 BGB auszusetzen ist.
3. Die Aussetzung des Verfahrens
In den Fällen, in denen die Klärung der Abstammung eine Kindeswohlbeeinträchtigung begründen würde, hat das Familiengericht das Verfahren unter folgenden Voraussetzungen auszusetzen: a) Es muss um eine erhebliche Kindeswohlbeeinträchtigung gehen, b) die Kindeswohlbeeinträchtigung mu...