VersAusglG § 5 Abs. 2 § 51 § 31; FamFG § 225; SGB VI § 88
Leitsatz
1. Für eine Totalrevision des Versorgungsausgleiches nach Tod des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten bedarf es einer zugunsten des Ausgleichspflichtigen wirkenden Wertänderung, die die Wertgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG überschreitet (Anschluss an BGH FamRZ 2022, 258).
2. Bei Bewertung des Anrechts des verstorbenen Ehegatten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind dabei besitzgeschützte Entgeltpunkte nach § 88 Abs. 1 S. 2 SGBVI aufgrund einer dauerhaft bewilligten Erwerbsminderungsrente auch dann zu berücksichtigen, wenn der Ehegatte vor Bewilligung einer Altersrente verstirbt.
OLG Celle, Beschl. v. 29.10.2024 – 17 UF 124/23
1 Aus den Gründen
Gründe: I. [1] Der Antragsteller begehrt die Abänderung eines im Jahre 2002 durchgeführten Versorgungsausgleiches nach dem Tod seiner früheren Ehefrau.
[2] Das Amtsgericht – Familiengericht – Uelzen schied mit Urt. v. 10.9.2002 die Ehe des Antragstellers, nachdem der Scheidungsantrag des am xx.xx. 1946 geborenen Antragstellers seiner am xx.xx. 1949 geborenen Ehefrau am 9.3.2002 zugestellt worden war. Im Scheidungsurteil regelte das Amtsgericht den Versorgungsausgleich und begründete zu Lasten des Versorgungsträgers des Antragstellers, der Ärzteversorgung Niedersachsen, monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 903,25 EUR auf dem Versicherungskonto der Ehefrau, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche Rentenversicherung Bund). Dabei legte es von der Ehefrau erworbene Anwartschaften auf gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von monatlich 368,87 EUR und vom Ehemann erworbene berufsständische Anwartschaften bei der Ärzteversorgung Niedersachsen in Höhe von monatlich 2.175,37 EUR zugrunde.
[3] Die frühere Ehefrau des Antragstellers verstarb am xx. Oktober 2008, nachdem sie seit dem 1.11.2004 eine zunächst vorläufig, ab 2006 dauerhaft bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen hatte. Sie wurde vom gemeinsamen Sohn beerbt; aus dem Anrecht zahlte die DRV keine Hinterbliebenenrente.
[4] Mit seinem am 20.8.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller begehrt, den durchgeführten Versorgungsausgleich aufgrund des zwischenzeitlichen Todes der ausgleichsberechtigten Ehefrau abzuändern und entfallen zu lassen. Die im Verfahren daraufhin eingeholte Auskunft des Versorgungsträgers Deutsche Rentenversicherung Bund (im Folgenden DRV) vom 17.6.2022 nennt ehezeitlich erworbene Anwartschaften der Ehefrau im Umfang von 16,0725 Entgeltpunkten, aus denen zum Ende der Ehezeit ein Ausgleichswert von 8,0363 Entgeltpunkten, entsprechend einer monatlichen Rente in Höhe von 203,43 EUR resultiere. Die Ärzteversorgung Niedersachsen hat mit Schreiben vom 29.12.2021 ein unverändertes Anrecht des Antragstellers mitgeteilt.
[5] Mit Beschl. v. 1.6.2023 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Uelzen den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Wertänderung des Anrechts der verstorbenen Ehefrau bei der DRV erreiche nicht den gemäß § 51 Abs. 2 VersAusglG in Verbindung mit § 225 Abs. 3 FamFG maßgeblichen Wert von 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGBIV zum Ende der Ehezeit. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
[6] Der Senat hat den Sohn des Antragstellers und der verstorbenen Ehefrau beteiligt und im Hinblick auf die Entscheidungen des OLG Frankfurt v. 14.4.2022 (7 UF 184/21, FamRZ 2022, 1100) sowie des Bundesgerichtshofs v. 23.8.2023 (XII ZB 202/22, FamRZ 2023, 1858) am 1.11.2023 bei der DRV eine Auskunft über die von der Ehefrau ehezeitlich erworbenen Entgeltpunkte unter Berücksichtigung der tatsächlich bezogenen Erwerbsminderungsrente angefordert. Mit Schreiben vom 1.10.2024 hat die DRV (die der Senat zuvor durch ein Zwangsgeld dazu angehalten hatte) die Auskunft erteilt und auf dieser Grundlage einen Ehezeitanteil in Höhe von 17,1125, einem daraus folgenden Ausgleichswert von 8,5563 Entgeltpunkten, aus dem, bezogen auf das Ende der Ehezeit, eine monatliche Rente in Höhe von folge EUR 216,59, mitgeteilt.
[7] Die DRV ist der Meinung, es sei von dem mit Auskunft vom 17.6.2022 mitgeteilten Ausgleichswert auszugehen, weil durch den Tod der Ehefrau keine Alters-, sondern lediglich ihre Hinterbliebenenrente entfallen sei. Der Ehezeitanteil des Anrechts der Ehefrau sei daher ohne Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Rente zu ermitteln, besitzgeschützte Entgeltpunkte aufgrund einer gezahlten Erwerbsminderungsrente blieben dabei außer Betracht.
II. [8] Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der mit Urt. v. 10.9.2002 durchgeführte Versorgungsausgleich ist nach § 51 Abs. 1 VersAusglG abzuändern, weil eine wesentliche Wertänderung vorliegt; infolge des zwischenzeitlichen Todes der früheren Ehefrau des Antragstellers entfällt dessen Ausgleichspflicht.
[9] Bei der vom Antragsteller angestrebten Abänderung des Versorgungsausgleiches nach § 51 Abs. 1 VersAusglG ist auch die Vorschrift des § 31 Abs. 1 VersAusglG zu berücksi...