In FG-Familiensachen, bei denen es um die Herausgabe von Personen oder die Regelung des Umgangs geht, enthalten die §§ 88 ff. FamFG spezielle Regelungen zur Vollstreckung verfahrensabschließender Beschlüsse.
Für die FG-Familiensache regelt § 87 Abs. 2 FamFG im Grundsatz, dass die Vollstreckung nur beginnen darf, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Die Vorschrift entspricht § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Der Wortlaut von § 87 Abs. 2 FamFG ist auf "Beschlüsse" beschränkt. Das ist ein redaktionelles Versehen. So wie § 750 ZPO grundsätzlich für alle Titel gilt, die nach der ZPO vollstreckt werden (§ 795 S. 1 ZPO), ist auch § 87 Abs. 2 FamFG für jeden nach dem FamFG möglichen Vollstreckungstitel anzuwenden. Auch gerichtlich gebilligte Vergleiche (§ 156 Abs. 2 FamFG) müssen daher nach einhelliger Ansicht als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung gem. § 87 Abs. 2 FamFG zugestellt sein.
Das Zustellungserfordernis ist bei gerichtlichen Umgangsbeschlüssen i.d.R. unproblematisch. Der Umgangsbeschluss wird vom Gericht von Amts wegen den Beteiligten zugestellt.
Der gerichtlich gebilligte Vergleich wirft hingegen eine Reihe ungeklärter Probleme auf:
Es stellt sich zwangsläufig die Frage, was zugestellt werden muss. Das hängt wiederum davon ab, was der Vollstreckungstitel ist, entweder
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die Vereinbarung oder |
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der Billigungsbeschluss oder |
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beides in Kombination. |
Die Problematik ähnelt derjenigen aus § 278 Abs. 6 ZPO und ist ungeklärt.
Das Bild in der Rechtsprechung ist uneinheitlich, jedenfalls unklar. Auffallend ist, dass sich in Literatur und Rechtsprechung nur schwer präzise Aussagen dazu finden lassen.
Zum Teil wird der Vergleich als Titel angesehen. Eine andere Ansicht favorisiert den gerichtlichen Billigungsbeschluss als Titel. Nach einer dritten Ansicht besteht der Titel aus der Kombination von Vergleich und Billigungsbeschluss.
Es spricht vieles für die Ansicht, dass sich der Titel aus der Kombination von Vergleich und Billigungsbeschluss zusammensetzt. Kein Bestandteil ist für sich alleine in der Lage, einen Vollstreckungstitel zu begründen. Die Zustimmung der Beteiligten bezieht sich auf die gefundene Vereinbarung. Ohne gerichtliche Billigung wäre sie wiederum nicht vollziehbar. Private Umgangsvereinbarungen unterliegen keiner Vollstreckung. Die Zustellung hat Warnfunktion und bietet dem Vollstreckungsschuldner rechtliches Gehör im Vollstreckungsverfahren.
Daraus folgt, dass sowohl das Vergleichsprotokoll wie auch der Billigungsbeschlusses zuzustellen sind. Ist beides einheitlich im Protokoll niedergelegt, muss dieses in jedem Fall zugestellt werden.
Eine einfache Übermittlung erfüllt nicht die Vollstreckungsvoraussetzungen.
Die Fiktion des § 15 Abs. 2 S. 2 FamFG kann nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Bekanntgabe gelten und nicht für die förmliche Zustellung.
Eine Heilung gem. § 189 ZPO, § 15 Abs. 2 FamFG durch tatsächlichen Zugang des Vergleichsprotokolls scheidet ebenfalls aus, da die Heilung voraussetzt, dass eine förmliche Zustellung gewollt war, was bei einer formlosen Übersendung gerade nicht der Fall ist. Nur eine fehlgeschlagene Zustellung unterliegt der Heilung.
In der Praxis erfolgt in aller Regel durch das Gericht keine Zustellung des Protokolls mit der Umgangsvereinbarung von Amts wegen, sondern lediglich eine einfache Übermittlung an die Beteiligten. Es wird bisweilen auch einiger Überzeugungsarbeit bedürfen, ein Gericht dazu zu bewegen, ein Protokoll förmlich zuzustellen.
Es stellt sich daher die Frage, ob die Zustellung zwingend durch das Gericht erfolgen muss oder auch im Wege der Beteiligtenzustellung möglich ist.