Anmerkung

Die vorstehende Entscheidung deklariert klar und eindeutig die polizeirechtliche Zuständigkeit der Ortspolizei im Rahmen einer wiederholenden Wohnungszuweisung.

Die Polizei hatte zunächst den Beschwerdeführer für die Dauer von zwei Wochen vom Zutritt zu seiner Wohnung ausgeschlossen. Kurz vor Ablauf dieser Frist hat die Polizeibehörde die Frist um weitere zwei Wochen verlängert mit der Begründung, dem Opfer Zeit zu gewähren für die Einleitung und den Erhalt einer gerichtlichen Entscheidung auf Grund des beim Familiengericht eingeleiteten Antrags nach dem Gewaltschutzgesetz. Gegen diese "Verlängerungsentscheidung" hatte der Beschwerdeführer Widerspruch eingelegt. Das Verwaltungsgericht hat diesem Widerspruch stattgegeben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung der Polizeibehörde wieder hergestellt.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG hat die Polizeibehörde die Aufgabe, von dem Einzelnen oder dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit dies im öffentlichen Interesse geboten ist. Hierzu gehört vor allem auch die Verhütung und vorbeugende Bekämpfung von Straftaten, im vorliegendem Zusammenhang das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit, weil eine von dem Antragsteller ausgehende "häusliche Gewalt", nämlich die Begehung von Körperverletzungsdelikten infrage steht. Die angegriffene "Verlängerungsverfügung" hat mit diesem polizeilichen Zweck nichts mehr zu tun.

Wie sich der Begründung der Verfügung entnehmen lässt, wurde die Verfügung mit dieser Maßnahme in erster Linie zu dem Zweck in Gang gesetzt, den Zeitraum bis zum Ergehen einer Entscheidung des Familiengerichts nach dem Gewaltschutzgesetz zu überbrücken. Mit dieser Zwecksetzung begegnet die angefochtene Verfügung aber erheblichen rechtlichen Bedenken, da diese Erwägung ermessensfehlerhaft war und die Polizeibehörde für eine solche Regelung auch gar nicht zuständig ist.

Ein polizeilich begründeter Wohnungsverweis sollte lediglich eine flankierende Maßnahme darstellen, um eine erste kurzfristige Krisenintervention zu ermöglichen. Darüber hinaus bietet das Gewaltschutzgesetz erheblich erweiternde Möglichkeiten von richterlichen Anordnungen, wobei das Gericht auch wegen der besonderen Eilbedürftigkeit die sofortige Wirksamkeit einer Entscheidung über § 64b Abs. 2 Satz 2 FGG anordnen kann.[1] Lediglich bis zur Erlangung von Eilrechtschutz durch das Gericht verbleibt es bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel, um dem von häuslicher Gewalt betroffenen Opfer eine angemessene Zeit zur Einholung des zivilrechtlichen Rechtschutzes zu gewähren. Die polizeiliche Generalklausel kann allerdings nicht dazu herangezogen werden, Zeiträume bis zur Entscheidung des AG im Verfahren des Gewaltschutzgesetz zu überbrücken.

Darüber hinaus mangelt es einer solchen polizeilichen Maßnahme auch an der Zuständigkeit der Polizeibehörde.

Denn nach § 2 Abs. 2 PolG obliegt der Polizei der Schutz privater Rechte nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr der Verwirklichung einer Rechtsvereitelung wesentlich erschwert wird. Damit fällt es nicht in die Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde, quasi im Vorgriff auf etwaige amtsrichterliche Regelungen nach dem Gewaltschutzgesetz vorläufige Maßnahmen zu treffen, die ausschließlich dem AG im Rahmen der Anwendung des Gewaltschutzgesetzes vorbehalten sind.

Eine andere Rechtslage kann sich nur dann ergeben, wenn auf Grund eines neuerlichen – weiteren – Vorganges seitens des Täters ein erneutes polizeiliches Eingreifen notwendig werden sollte.

Mit dieser Entscheidung hat das Gericht die ortspolizeiliche Zuständigkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr abgegrenzt von der Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen, die nach dem Gewaltschutzgesetz für die zuständigen Gerichte gegeben sind. Diese können nach § 2 des GewSchG die Wohnung von Betroffenen dem Opfer alleine zuweisen. Im Rahmen der Entscheidung zur Wohnungszuweisung nach § 2 GewSchG können auch weitere ergänzende Schutzmaßnahmen nach § 1 GewSchG angeordnet werden.

Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts dokumentiert klar und eindeutig die rechtlich begründbare Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde in Fällen konkreter Gefahrenlagen. Damit ist die Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde nicht mehr gegeben, wenn es lediglich um eine Zeitverlängerung geht. Eine solche Maßnahme wäre durch die Vorschriften des PolG nicht gedeckt, da diese allein der konkreten Gefahrenabwehr zu dienen bestimmt sind. Jede weitere Maßnahme zur Gefahrenabwehr obliegt dann dem betroffenen Beteiligten durch die Einschaltung der Zivilgerichte. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auf die Möglichkeiten vorläufiger Maßnahmen nach § 64b FGG abgehoben und in diesem Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen, dass das Gericht im Wege von Eilanträgen den Sofortvollzug veranlassen könnte. Dabei ist das Verwaltungsgericht davon au...

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