Neben der Möglichkeit, Umgangstitel mithilfe von Ordnungsgeld/Ordnungshaft gemäß § 89 FamFG durchzusetzen, kann – unter sehr engen Voraussetzungen – der bisher nicht betreuende Elternteil versuchen, einen dauernden Wechsel des Aufenthalts des Kindes in seinen Haushalt umzusetzen. Denn eine beharrliche, sachlich unbegründete Umgangsverweigerung stellt die Erziehungseignung des betreuenden Elternteils infrage und gefährdet das Kindeswohl.
Allerdings muss bei Eingriffen in die elterliche Sorge in besonderem Maße der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden. Zur Beseitigung der Kindeswohlgefährdung kommt nur das relativ mildeste Mittel in Betracht. Eine Neureglung stellt die absolute Ultima Ratio dar, wenn andere Mittel zur Erzwingung des Wohlverhaltens des betreuenden Elternteils versagt haben. Dies bedeutet, dass eine Änderung des Sorgerechts frühestens dann infrage kommt, wenn weder eine Verhängung von Ordnungsmitteln noch die Anordnung einer Umgangspflegschaft zur Änderung des Verhaltens des betreuenden Elternteils geführt haben. Auch bei der Wahl als mildestes Mittel hat ein Eingriff in das Sorgerecht zu unterbleiben, wenn dieser mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und bei einer Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt.
Darüber hinaus muss der Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot ein erhebliches Maß erreicht haben. Bloße Schwierigkeiten bei der Gewährung des Umgangsrechts reichen nicht aus.
Ferner sind die Bindungen des Kindes an den betreuenden Elternteil und der Kontinuitätsgrundsatz zu beachten, sodass auch trotz einer Umgangsverweigerung das Kindeswohl gegen einen Aufenthaltswechsel sprechen kann. Die Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung sind hoch.
Das OLG Dresden hat dem bisher nicht betreuenden Elternteil das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind übertragen, da der andere Elternteil in der Vergangenheit den Umgang erheblich behindert hatte und beabsichtigte, ohne nachvollziehbare Gründe mit dem Kind vom bisherigen Wohnort weit wegzuziehen. In dem entschiedenen Fall hatte das Kind trotz der Behinderung des Umgangs eine gute Bindung zum nicht betreuenden Elternteil. Ferner zeigten sich bei dem bis dahin betreuenden Elternteil neben der mangelnden Bindungstoleranz auch bedenkliche Erziehungseinstellungen (soziale Isolation des Kindes). Auch in einem vom OLG Köln entschiedenen Fall kam es zur Übertragung des Sorgerechts auf den bisher nicht betreuenden Elternteil. Auch dort lagen aber neben der mangelnden Bindungstoleranz erhebliche Erziehungsdefizite (zwanghafte Persönlichkeit) aufseiten des bisher betreuenden Elternteils vor. Dies hatte bei den Kindern bereits zu gravierenden Verhaltensauffälligkeiten geführt. Das OLG Frankfurt hat es hingegen abgelehnt, trotz Umgangsvereitelung des betreuenden Elternteils die elterliche Sorge auf den bisher nicht betreuenden Elternteil zu übertragen, da das Kind bis dahin keine belastbare Bindung zum anderen Elternteil hatte und der mit dem Wechsel des Aufenthalts eintretende Bindungsabbruch in einer Gesamtabwägung gegen einen Aufenthaltswechsel sprach.
Im Ergebnis wird zur Beurteilung der Frage, ob ein Wechsel des Aufenthalts des Kindes für dieses am besten ist (§ 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB), eine Gesamtabwägung vorzunehmen sein. In diesem Zusammenhang muss die Frage beantwortet werden, ob dem Kindeswohl mehr gedient ist durch den Erhalt der Bindungs- und Erziehungskontinuität oder durch die Verhinderung einer Entfremdung im Verhältnis zum anderen Elternteil. Viel wird davon abhängen, ob das Kind zum nicht betreuenden Elternteil trotz der Umgangsbehinderung/-vereitelung eine belastbare Bindung hat. Wenn der bisher betreuende Elternteil über die mangelnde Bindungstoleranz hinaus noch weitere erhebliche Erziehungsdefizite aufweist, dürfte dies für einen Wechsel des Aufenthalts des Kindes sprechen. Die hohen rechtlichen Anforderungen an mögliche sorgerechtliche Maßnahmen bei unberechtigten Umgangsverweigerungen führen jedoch dazu, dass diese erst nach einer längeren Verfahrensdauer in Betracht kommen. Allerdings hat sich die Situation in solchen Fällen dann oft schon so verfestigt, dass ein Aufenthaltswechsel für das Kind zu einer unzumutbaren Belastung führt.
Eine auf §§ 1666,1666a BGB gestützte Fremdunterbringung des Kindes lediglich zum Zweck der Umsetzung von Umgangskontakten dürfte aufgrund der – gegenüber einer Regelung nach § 1671 BGB – nochmals gesteigerten rechtlichen Anforderungen kaum in Betracht kommen. Denn in der Regel dürfte sich durch eine solche Maßnahme die Gesamtsituation des Kindes eher verschlechtern, da insoweit der Verlust beider Elternteile droht. Lediglich dann, wenn sich die Gesamtsituation des Kindes durch eine Fremdunterbringung verbessert, kommen solche Maßnahmen ernsthaft in Betracht.
In diesen Fällen liegen aber neben der fehlenden Bindungstoleranz des betre...