Wie schon dargelegt, stand die "sozialrechtliche Sicherung der nichterwerbstätigen Frau" ganz im Mittelpunkt der Überlegungen zur Kreierung des Rechtsinstituts Versorgungsausgleich. In diesem Bereich und seinem Umfeld hat aber in den zurückliegenden Jahrzehnten ein bemerkenswerter gesellschaftlicher und sozialer Wandel stattgefunden.
1. Zu Ehe und Familie
Die Zahl der Ehescheidungen ist stark zurückgegangen – bei leichtem Anstieg der Gesamtbevölkerungszahl. Allein im Zeitraum von 2003 bis 2017 verminderte sich die Anzahl der Ehescheidungen von 213.975 auf 153.501 Fälle jährlich. Die Anzahl der Ehepaare mit Kindern verringerte sich (leider) auch. Im Jahr 1996 zählte man noch 10.408.000 Ehepaare mit Kindern, im Jahr 2017 gab es nur noch 7.902.000 Ehepaare mit Kindern. Demgegenüber ist in demselben Zeitraum (1996 – 2017) die Anzahl der Ehepaare ohne Kinder von 9.182.00 auf 9.695.000 angestiegen. Die Zahl der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder unter 14 Jahren ist seit dem Jahr 2008 von 3.017.897 auf 3.577.595 im Jahr 2018 angestiegen. In den westlichen Bundesländern lag der Anteil der außerhalb einer Ehe geborenen Kinder im Jahr 2074 bei fast 60 %, in Westdeutschland bei fast 30 %.
Wir stellen also fest, dass es heute weniger Ehescheidungsfälle und damit auch weniger Versorgungsausgleichsfälle gibt als früher und dass von diesen Fällen auch weniger Kinder betroffen sind als früher, dass für diese Kinder aber heute sehr viel mehr Tagesbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen als früher. Diese Entwicklung setzt sich fort. Vor allem werden immer mehr Tagesbetreuungseinrichtungen für Kinder zur Verfügung stehen, und zwar zunehmend gebührenfrei. Diese Umstände begünstigen die Berufs- und Erwerbstätigkeit der Frauen sehr.
2. Zu Frauen und Beruf
Die Berufs- und Erwerbstätigkeit der Frauen ist seit dem Jahr 1967 gewaltig angestiegen. Im Jahr 1967 belief sich die Erwerbstätigenquote der Männer auf 87,9 %, die der Frauen aber nur auf 45,1 %. Die Differenz betrug also 42,8 Punkte. Im Jahr 2017 belief sich die Erwerbstätigenquote der Männer auf (nur noch) 78,9 %, die der Frauen dagegen auf 71,5 %. Die Erwerbstätigenquote der Frauen erhöhte sich also in diesem Zeitraum um 58,5 %. Die Differenz zwischen der Erwerbstätigenquote der Männer und der der Frauen reduzierte sich im selben Zeitraum von 42,8 auf (nur noch) 7,4 Punkte, also um 82,7 %. Die Gruppe der nichterwerbstätigen (Ehe-)Frauen ist also seit dem Jahr 1967 sehr zusammengeschrumpft. Sie wird noch weiter schrumpfen. Die Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen mit minderjährigen Kindern werden sich weiter verbessern. Es gibt bereits eine klare Tendenz zu einer durchgängigen Erwerbstätigkeit von Frauen.
Schon diese allgemeine Betrachtung zur Entwicklung des Arbeitsmarktes (für Frauen) zeigt, dass die Bedeutung des Versorgungsausgleichs für die sozialrechtliche Sicherung der Frau seit geraumer Zeit stark rückläufig ist. Zusätzliche statistische Erkenntnisse stützen diesen Befund und erhellen den Trend.
3. Aktuelle Rahmendaten zum Versorgungsausgleich
a) In der Bevölkerung gibt es immer weniger Verheiratete (Ehepaare), die sich scheiden lassen können, sodass Ehescheidungen perspektivisch weiter abnehmen werden. Dieser Rückgang wird darüber hinaus auch dadurch bewirkt, dass inzwischen Ehen bis zur Scheidung durchschnittlich länger andauern als früher. Die Ehedauer bis zur Scheidung hat allein zwischen den Jahr 1992 und dem Jahr 2015 um 2 Jahre und 10 Monate zugenommen, wodurch die Zahl der Scheidungen pro Jahr etwas abgenommen hat. Auch diese Entwicklung wird sich fortsetzen.
b) Am Jahresende 2015 sind bei 1,8 Mio. Renten (das sind 8,7 % von insgesamt rund 20,7 Mio. Renten) Zu- oder Abschläge aus einem Versorgungsausgleich verzeichnet worden. Das entspricht rund 950.000 berücksichtigten Versorgungsausgleichen. Bei jeweils über 600.000 Frauen und Männern mit Altersrentenbezug wirkt sich ein Versorgungsausgleich auf den Rentenbezug aus. Das entspricht 8,2 % aller Altersrentner und 8,8 % aller Altersrentnerinnen. Das sind doch eher geringe Anteile.
c) Erwartungsgemäß verbessert der Versorgungsausgleich vor allem die Altersrenten von Frauen. Frauen, die eine Altersrente beziehen und einen Zuschlag aus dem Versorgungsausgleich erhalten, erfahren im Jahr 2015 eine Erhöhung ihres Rentenbetrages um durchschnittlich 37,1 %. Diese Frauen erzielen aus eigenen Rentenanwartschaften eine Altersrente von rund 714 EUR monatlich. Schon das entspricht etwa der Durchschnittsrente aller Frauen mit Altersrentenbezug. Der Zuschlag aus dem Versorgungsausgleich von durchschnittlich 265 EUR monatlich führt zu einer deutlichen Steigerung des Rentenbetrages, Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Versorgungsausgleich dem wirtschaftlich schwächeren Ehepartner im Alter und bei Invalidität in jed...