Einführung
Neben dem neuen Familienverfahrensrecht wird 2009 auch der Versorgungsausgleich neu geregelt. Das neue Recht ist allgemein von den Experten positiv aufgenommen worden und dürfte zum vorgesehenen Zeitpunkt in Kraft treten. Bereits heute besteht für die am Scheidungsverfahren beteiligten Rechtsanwälte die Verpflichtung zu prüfen, ob das bestehende Versorgungsausgleichsrecht oder das zukünftige Recht für einen der Ehegatten oder möglicherweise sogar für beide Ehegatten zu einem günstigeren Ergebnis führt. Darüber hinaus bedarf es der Erwägung, ob das Scheidungsverfahren noch vor oder erst nach Inkrafttreten der neuen Regelung eingeleitet werden sollte.
I. Einführung
1. Zeitliches Inkrafttreten
Seit dem 21.5.2008 liegt der Regierungsentwurf für das neue Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vor. Hierzu hat der Bundesrat am 4.7.2008 (BR- Drucks 343/08 – Beschluss) Stellung genommen. Die Gegenäußerung der Bundesregierung liegt mit dem Gesetzesentwurf vom 20.8.2008 (BT-Drucks 16/10144) vor. Am 12.2.2009 hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung die Reform beschlossen (BT-Drucks 16/11903). Hierbei wurden die wesentlichen Kritikpunkte der Experten ausgeräumt. Der Bundesrat entscheidet am 6.3.2009 abschließend über das Vorhaben. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Gesetz zeitgleich mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1.9.2009 in Kraft tritt.
2. Struktur des neuen Versorgungsausgleichs
Das neue Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG-E) ist geregelt in Artikel 1 des VAStrRefG. Damit werden die bisher aufgesplitteten Regelungen innerhalb des BGB, des VAHRG und des VAÜG in einem Gesetz gebündelt.
Die Untergliederung in drei Teile – Durchführung des Versorgungsausgleichs (Teil 1), Wertermittlung (Teil 2) und Übergangsvorschriften (Teil 3) – ergibt eine Übersichtlichkeit, die zu wesentlicher Transparenz führt. Dem Anwender wird es damit leichter gemacht, mit dem Gesetz künftig zu arbeiten.
3. Gleichschaltung mit dem neuen Familienverfahrensgesetz (FamFG)
Mit dem am 1.9.2009 in Kraft tretenden neuen FamFG wird das familiengerichtliche Verfahren von Grund auf neu geregelt. Für den Verfahrensablauf des neuen Versorgungsausgleichs sind damit künftig die §§ 219 bis 228 FamFG entscheidend. Ein gleichzeitiges Inkrafttreten dieser Verfahrensregeln mit dem eigentlichen neuen Versorgungsausgleichsgesetz ist daher zwingend notwendig, um das neue materielle Recht auch verfahrenstechnisch umsetzen zu können.
I. Die maßgeblichen Veränderungen im neuen Recht
1. Hin- und Her-Ausgleich
Ziel des bisherigen und auch künftigen Versorgungsausgleichs ist es, bei einem Scheidungsverfahren frühzeitig die Aufteilung der Versorgungsanrechte der beteiligten Eheleute zu erreichen. Dies setzt voraus, dass der ausgleichsberechtigten Person eigenständige Versorgungsanrechte übertragen werden, um so möglichst bereits bei der Scheidung eine endgültige Regelung zu treffen. Der Gesetzgeber hat bisher eine Lösung im Rahmen des Einmalausgleichs zum Zeitpunkt der Scheidung versucht. Dabei war die Summe aller ehezeitlichen Anrechte der Eheleute zu ermitteln und der hälftige Wert dieser summierten Anrechte dann vom Ausgleichspflichtigen auszugleichen. Dabei war der Versorgungsausgleich zugeschnitten auf die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung. Deswegen mussten nicht vergleichbare unterschiedliche Anrechte der Eheleute miteinander vergleichbar gemacht werden. Dies erfolgte in der Regel durch Barwertbildung und durch Ermittlung der dem Barwert zuzuordnenden gesetzlichen Rente. Diese äußerst fehleranfällige Prognose führte in der Regel zur Verfehlung der rechnerischen Halbteilung.
Künftig werden sämtliche in der Ehezeit erworbenen verschiedenen Versorgungsanrechte der Eheleute hälftig zwischen diesen geteilt (§ 1 Abs. 1 VersAusglG-E). Dies ist überflüssig, wenn die Anrechte der Eheleute beim selben Versorgungsträger bestehen (z.B. der gesetzlichen Rentenversicherung). Hier erfolgt der Ausgleich durch Verrechnung (§ 10 Abs. 2 S. 1 VersAusglG-E).
In der Regel erfolgt jedoch die interne Teilung (§§ 10 ff. VersAusglG-E). Das Familiengericht wird für den ausgleichsberechtigten Gatten beim Versorgungsträger, bei dem das Anrecht des ausgleichspflichtigen Gatten besteht, zu dessen Lasten ein Anrecht begründen. Es wird damit künftig nicht mehr "einen" Ausgleichspflichtigen und "einen" Ausgleichsberechtigten geben. Vielmehr wird in jedem Versorgungssystem ein Berechtigter und Verpflichteter im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu erkennen sein.
Mit dieser Regelung werden die ehezeitlichen Versorgungsschicksale der Eheleute bereits zum Zeitpunkt der Scheidung endgültig geregelt, mit Ausnahme der in § 19 Abs. 2 VersAusglG-E aufgezählten Anrechte. Keiner der Eheleute ist daher gezwungen, im Hinblick auf solche Anwartschaften, die im Rahmen der Scheidung nich...