BGH, Beschl. v. 19.1.2022 – XII ZB 183/21
a) Anspruchsgrundlage für das Auskunftsverlangen eines Kindes gegen seine leibliche, nicht rechtliche Mutter über die Person seines leiblichen Vaters ist – trotz des von § 1755 Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten Erlöschens des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses aufgrund Adoption – § 1618a BGB.
b) Bei einem auf § 1618a BGB gestützten Auskunftsbegehren über die Person des leiblichen Vaters handelt es sich um eine sonstige Familiensache und damit um eine Familienstreitsache.
c) Durch die Mitteilung der leiblichen Mutter, der mögliche Erzeuger oder dessen Name sei ihr nicht bekannt, wird der Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Eine fehlende Kenntnis kann von der Mutter aber als eine den Anspruch ausschließende Unmöglichkeit geltend gemacht werden. Dazu gehört auch der Vortrag und erforderlichenfalls der Beweis, dass sie die ihr unter den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkundigungen eingeholt hat (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 2.7.2014 – XII ZB 201/13, FamRZ 2014, 1440).
d) Ein auf Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters gerichteter Titel ist vollstreckbar und die Vollstreckung ist nicht durch § 120 Abs. 3 FamFG analog ausgeschlossen.
OLG Celle, Beschl. v. 16.2.2022 – 21 W 5/21
1. Die Anerkennung einer Vaterschaft ist nach §§ 1597a Abs. 3 S. 1, 1598 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, wenn eine beurkundende Behörde oder eine Urkundsperson die Beurkundung nach § 1597a Abs. 2 S. 2 BGB ausgesetzt und diese der nach § 85a AufenthG der zuständigen Behörde vorgelegt hat. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der anerkennungswillige Mann oder die zustimmungsbereite Mutter des Kindes die Mitteilung über die Aussetzung der Beurkundung mangels hinreichender Deutschkenntnisse verstehen konnte.
2. Die Aussetzungsentscheidung ist von den die Beurkundung begehrenden Personen als verwaltungsinterner Vorgang nicht selbstständig anfechtbar und unterliegt auch im Rahmen einer Berichtigung des Eintrags im Geburtenregister nicht der gerichtlichen Überprüfung.
OLG Celle – Beschl. v. 11.10.2021 – 21 WF 133/21
1. In einem Abstammungsverfahren kann das Gericht die Vorführung einer Untersuchungsperson gemäß §§ 178 Abs. 2, 96a FamFG anordnen, wenn diese wiederholt unberechtigt die Untersuchung bzw. Entnahme einer genetischen Probe verweigert hat.
2. Die Anordnung unmittelbaren Zwangs nach § 96a FamFG setzt voraus, dass die Ladung der Untersuchungsperson förmlich – unter Angabe eines konkreten Termins und genauen Ortes sowie unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens – durch das Gericht erfolgt ist.
3. Wird in einem Unterhaltsverfahren des nichtehelichen Kindes dessen Anspruch auf der Grundlage einer nach §§ 1708, 1717 Abs. 1 BGB a.F. fingierten Vaterschaft verneint, so erwächst diese Feststellung als Begründungselement der Entscheidung nicht in materielle Rechtskraft und steht einem späteren Verfahren auf Vaterschaftsfeststellung nicht entgegen, zumal das Bestehen oder Nichtbestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses bereits nach früherem Recht in einem besonderen Verfahren nach § 640 ZPO a.F. mit Wirkung für und gegen alle (§ 643 ZPO a.F.) festgestellt werden konnte.
4. Der Vorrang des Abstammungsverfahrens findet nach geltendem Recht in den besonderen verfahrensrechtlichen Regelungen der §§ 169 ff. FamFG sowie in der materiell-rechtlichen Rechtsausübungssperre der §§ 1599 Abs. 1, 1600d Abs. 4 BGB seine Grundlage, sodass über die Abstammung grundsätzlich nur in diesem Verfahren mit Rechtskraftwirkung (§ 184 Abs. 2 FamFG) entschieden werden kann.