Einführung
Diese Beitragsreihe berichtet jährlich von wichtigen Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur zu ausgewählten "sonstigen Familiensachen" mit vermögensrechtlichem Bezug. Angesichts der Fülle des fachschriftstellerischen Materials liegt der Schwerpunkt auf der Rechtsprechung. Aus Gründen der Aktualität erscheint der Beitrag am Anfang des Folgejahres. Daher wird überwiegend nicht auf das Entscheidungs-, sondern auf das Publikationsdatum abgestellt.
A. Rechtsprechung
I. Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 FamFG
Zur Sache sind im Berichtsjahr zu folgenden Sachverhalten Entscheidungen ergangen:
1. Zuständigkeit nach § 266 FamFG angenommen
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat – wie die Vorinstanz – das Streitverfahren von Ehegatten über die Auseinandersetzung von deren BGB-Außengesellschaft stillschweigend als sonstige Familiensache behandelt. Sie lebten seit dem 9.9.2016 getrennt. Die Kündigung der Gesellschaft erfolgte durch M am 16.2.2017 (zeitlicher Zusammenhang und Erheblichkeit des Anspruchs im Rahmen des Zugewinnausgleichs).
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte die Zuständigkeit nach § 266 FamFG bei einer ausdrücklich abgeschlossenen BGB-Außengesellschaft schon in einer früheren Entscheidung angenommen, auch wenn diese erst nach der Trennung, aber zum Zweck der Vermögensentflechtung gegründet wurde.
Die Geltendmachung des Schutzes des Mitbesitzes an der Ehewohnung nach §§ 861 Abs. 1, § 1353 BGB ist sonstige Familiensache i.S.v. § 266 FamFG. Dieser Anspruch kann auch dann gegeben sein, wenn die Voraussetzungen nach § 1361b FamFG nicht vorliegen. Insbesondere kommt es beim Besitzschutz wie auch bei § 1353 BGB nicht auf eine unbillige Härte an. Im aktuellen vom OLG Celle entschiedenen Fall war der Ehegatte der gemeinsam gemieteten Wohnung verwiesen und ihm der erneute Zutritt verweigert worden. In der aktiven Parteirolle kann daher – je nach Sachverhalt – das Vorgehen aus §§ 861 Abs. 1, 1353 BGB eine gute Alternativstrategie sein, für auch nicht das Amtsverfahren nach §§ 200 ff. FamFG, sondern das Parteiverfahren gilt.
Was Ehewohnungsverfahren betrifft, endet die Sperrwirkung des § 1568a BGB nach rechtskräftiger Scheidung und liegt damit keine Familiensache mehr vor. Dies sollte ab dann auch für Verfahren aus §§ 861 Abs. 1, 1353 BGB gelten.
Ebenfalls das OLG Celle hat in einem Vollstreckungsgegenverfahren darauf erkannt, dass die Ehefrau zu räumen hat, wenn die Immobilie im Alleineigentum des Ehemannes steht und die Ehefrau sich in einem Vergleich eines Gewaltschutzverfahrens zur Räumung verpflichtet hatte. Die Zwangsvollstreckung des Ehemannes war rechtmäßig. Das Erkenntnisverfahren war sonstige Familiensachen nach § 266 FamFG und kein Ehewohnungszuweisungsverfahren.
Kosten der Ausübung des Umgangs, geltend gemacht gegen den anderen Elternteil, sind sonstige Familiensache.
Das Landgericht Stuttgart hat entschieden: "Ansprüche auf Zahlung anteiliger Kosten einer von zwei ehemals Verlobten zu hälftigem Miteigentum erworbenen Immobilie sind eine sonstige Familiensache, wenn der Streit über die Kostentragung im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses entstanden ist. Die Rechtswegszuständigkeit ist im Rahmen eines Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil zu prüfen."
2. Zuständigkeit nach § 266 FamFG nicht gegeben
Die unten behandelte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zur Frage von Ansprüchen zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaftern nach der Beendigung ihrer Beziehung fiel in die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit. § 266 Abs. 1 FamFG umfasst solche Ansprüche nicht (es sei denn, die Beteiligten waren verlobt). Da keine planwidrige Regelungslücke vorliegt, scheidet eine analoge Anwendung aus. Wer den Weg zum Familiengericht bevorzugt, muss daher prüfen, ob ein Verlöbnis beweisbar vorliegt. Das kann sich aufgrund der größeren Sachnähe lohnen, weil die Familiengericht mit der vergleichbaren Materie nebengüterrechtlichen Forderungen zwischen Ehegatten häufiger befasst sind, weil sie dort öfter vorkommen.
a) BGB-Außengesellschaft
Mit dem bereits oben zu § 266 FamFG erwähnten Beschl. v. 17.2.2022 hat das OLG Stuttgart entschieden, dass bei Vorliegen einer Zugewinngemeinschaft vereinbarte freie Entnahme im Zweifel auf einer konkludenten Vereinbarung beruhen, wonach es nach dem Ende der Gesellschaft bei der bis dahin erfolgten Entnahmepraxis verbleibt und kein Ausgleich entsprechend einer hälftigen Gewinnbeteiligung erfolgt. Dies gelte jedoch nur für die Zeit bis zur Trennung der Eheleute. Ab der Trennung bestehe kei...