a) Sozial-familiäre Beziehung
Bislang schloss das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung nur die Anfechtung der Vaterschaft durch den mutmaßlich leiblichen Vater aus (§ 1600 Abs. 2 BGB). Nach dem Eckpunktepapier soll das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung auch im Falle der Anfechtung durch die (Geburts-)Mutter und das Kind zu beachten sein. Lediglich die Anfechtung der eigenen rechtlichen Vater- oder Mutterschaft durch den betreffenden Elternteil soll auch bei Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung stets möglich bleiben.
Liegt eine sozial-familiäre Beziehung vor, soll zukünftig eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Kindes am Fortbestand der rechtlichen Elternschaft und dem Anfechtungsinteresse der anfechtenden Person durchzuführen sein. Im Zweifelsfall ist dem Erhalt der gelebten Familie Vorrang vor dem Anfechtungsinteresse zu gewähren. Das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung soll also nicht – wie bislang – die Anfechtung stets ausschließen.
b) Verkürzung der Anfechtungsfrist auf 1 Jahr
Das Eckpunktepapier sieht weiter vor, die Anfechtungsfrist von zwei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. Dies soll längere Zeiten der Unsicherheit vermeiden. Soweit es die Anfechtung des Kindes betrifft, soll die Frist aber nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes ablaufen, um das Kind vor übereilten Entscheidungen zu schützen.
c) Ausschluss des Anfechtungsrechts bei sicherer Kenntnis von der fehlenden leiblichen Abstammung bei Anerkennung
Das Eckpunktepapier sieht einen Anfechtungsausschluss ferner dann vor, wenn der anfechtende Elternteil zum Zeitpunkt der Anerkennung oder der Zustimmung zur Anerkennung sicher gewusst hat, dass er bzw. der Anerkennende das Kind nicht gezeugt hat.
d) Aussetzung des Anfechtungsverfahrens bei Kindeswohlgefährdung
Letztlich soll das Familiengericht das Anfechtungsverfahren aussetzen können, solange und soweit eine Kindeswohlgefährdung durch die Anfechtung eintreten würde.
e) Bewertung der geplanten Neuregelungen
Neben der Anfechtung durch den mutmaßlich leiblichen Vater zukünftig auch die Anfechtung durch die Geburtsmutter oder das Kind unter den Vorbehalt des Nichtbestehens einer sozial-familiären Beziehung zu stellen, erscheint überzeugend. Die gelebte familiäre Beziehung des Kindes zu seinen rechtlichen Eltern ist schützenswert. Richtigerweise nimmt das Eckpunktepapier hiervon aber die Anfechtung durch den rechtlichen Elternteil selbst aus. Denn der rechtliche Elternteil erfährt möglicherweise erst nach Jahren, dass er nicht der leibliche Elternteil ist. Würde man sein Anfechtungsrecht unter den Vorbehalt der fehlenden sozial-familiären Beziehung stellen, müsste er erst diese Beziehung zu dem Kind beenden, um anfechten zu können. Dies ist nicht im Interesse des Kindes.
Sinnvoll erscheint es auch, das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung nicht generell als Ausschlusskriterium zu behandeln, sondern eine Interessenabwägung zu ermöglichen. Damit lassen sich Zweifelsfälle befriedigender lösen, namentlich die Fälle, in denen eine sozial-familiäre Beziehung erst im Laufe des Anfechtungsverfahrens entsteht oder aber eine solche sowohl zu dem anfechtenden als auch dem rechtlichen Elternteil besteht.
Auch der geplanten Verkürzung der Anfechtungsfrist auf ein Jahr ist zuzustimmen. Da die Frist ohnehin erst ab Kenntnis der gegen die rechtliche Elternschaft sprechenden Gründe beginnt, handelt es sich um eine reine Überlegungsfrist. Hierfür erscheint ein Jahr ausreichend. Angemessen ist auch, diese Frist für das Kind im Wege der Ablaufhemmung nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres enden zu lassen. Auch das Verjährungsrecht sieht eine Hemmung der Verjährung von Ansprüchen zwischen Kindern und ihren Eltern bis zum 21. Lebensjahr des Kindes vor (§ 207 Abs. 1 Nr. 2a BGB). Allerdings sieht das Verjährungsrecht keine Ablaufhemmung, sondern eine Hemmung vor, so dass die Verjährung erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres zu laufen beginnt. Überlegenswert erscheint, insoweit eine Harmonisierung herbeizuführen.
Die Anfechtung auszuschließen, wenn der Anfechtende die Anerkennung in Kenntnis der fehlenden eigenen Zeugung vorgenommen hat, ist ebenfalls zu begrüßen. Wer sehenden Auges eine genetisch nicht bestehende Elternschaft für ein Kind anerkennt, verhält sich treuwidrig, wenn er seine hierauf beruhende Elternschaft später unter Berufung auf die fehlende genetische Abstammung wieder anficht. Gleiches gilt für den vorgesehenen Ausschluss der Anfechtung durch die der Anerkennung zustimmende Geburtsmutter.
Die angedachte Möglichkeit der Aussetzung des Anfechtungsverfahrens in Fällen der Kindeswohlgefährdung dürfte wenig praxisrelevant sein. Sie scheint der Regelung des geltenden § 1598a Abs. 3 BGB entnommen zu sein, nach der das Gericht das Abstammungsklärungsverfahren aussetzt, wenn und solange die Klärung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des mind...