a) Geplante Regelung
Bislang konnte lediglich die Vaterschaft rechtsgeschäftlich durch Abgabe einer Vaterschaftsanerkennung mit Zustimmung der Mutter und – in den Fällen des § 1599 Abs. 2 BGB – mit Zustimmung des Ehemannes der Mutter begründet werden.
Nach dem Eckpunktepapier soll zukünftig generell der Abschluss einer Elternschaftsvereinbarung als rechtsgeschäftlicher Vertrag über die Elternschaft zulässig sein. Diese soll insbesondere in den Fällen der privaten Samenspende zur Anwendung gelangen. Mit der Elternschaftsvereinbarung können die Beteiligten die Besetzung der zweiten Elternstelle neben der Geburtsmutter regeln. Vereinbarter weiterer Elternteil können dabei sowohl ein Mann als auch eine Frau sein.
Die kraft Elternschaftsvereinbarung begründete Elternschaft geht nach dem Eckpunktepapier der gesetzlichen Elternschaft kraft Ehe, Anerkennung oder gerichtlicher Feststellung vor. In zeitlicher Hinsicht soll der Abschluss der Elternschaftsvereinbarung nur bis zur Zeugung des Kindes zulässig sein. Ab Zeugung bleibt es bei der Möglichkeit, die Elternschaft durch Anerkennung zu begründen (§ 1594 Abs. 2 BGB).
Eine Anfechtung der durch Elternschaftsvereinbarung begründeten Elternstellung soll für die an der Elternschaftsvereinbarung Beteiligten ausgeschlossen sein.
Mindestens beteiligen müssen sich an der Elternschaftsvereinbarung die Geburtsmutter, der leibliche Vater und die Person, die die Elternschaft übernehmen möchte, wenn diese nicht mit dem leiblichen Vater identisch ist.
In formaler Hinsicht muss die Elternschaftsvereinbarung öffentlich beurkundet werden und gilt für maximal drei Jahre. Sie bezieht sich zudem nur auf das erste in diesem Zeitraum geborene Kinder bzw. bei Mehrlingsgeburten alle Kinder der Mehrlingsgeburt. Bis zur Zeugung soll sie zudem jederzeit frei widerruflich sein.
Die im Rahmen der Elternschaftsvereinbarung abgegebenen Erklärungen unterliegen den allgemeinen Regelungen über die Wirksamkeit von Willenserklärungen, sind also insbesondere bei Täuschung, Drohung oder rechtlich beachtlichen Irrtümern i.S.d. § 119 BGB anfechtbar. Da es sich um einen Vertrag handelt, dürften auch die §§ 145 ff. BGB zur Anwendung gelangen. Insofern gilt hier Anderes als bzgl. der Vaterschaftsanerkennung oder der Zustimmung zu dieser, für die § 1598 Abs. 1 BGB einen weitgehenden Ausschluss der allgemeinen Unwirksamkeitsvorschriften anordnet.
Die Elternschaftsvereinbarung soll letztlich durch die beurkundende Stelle dem Samenspenderegister übermittelt werden, damit die in der Elternschaftsvereinbarung vorgesehenen Daten der rechtlichen Eltern dem Standesamt im Geburtsfall übermittelt werden können. Das Standesamt selbst soll nach der Geburtsanzeige beim Samenspenderegister nachfragen, ob dort Daten einer Elternschaftsvereinbarung hinterlegt sind.
b) Bewertung
Im Grundsatz erscheint es sinnvoll, (Wunsch-)Eltern bereits vor der Zeugung des Kindes die Möglichkeit einzuräumen, Absprachen hinsichtlich ihrer künftigen Elternstellung zu treffen. Es besteht insbesondere in den Fällen der Samenspende ein nachvollziehbares Bedürfnis nach Rechtsicherheit, und zwar schon vor und nicht erst nach der Zeugung des Kindes.
Gibt es neben der Geburtsmutter noch zwei weitere genetische Elternteile, sollten beide genetischen Eltern der Elternschaftsvereinbarung zustimmen müssen. Das Eckpunktepapier enthält hierzu keine Ausführungen.
Keine Ausführungen enthält das Eckpunktepapier auch dazu, wie Wirksamkeitsmängel der Elternschaftsvereinbarung verfahrensrechtlich geltend zu machen sind. Das derzeitige Recht lässt eine Überprüfung möglicher Unwirksamkeitsgründe einer Anerkennung oder Zustimmung sowohl inzident als auch im Rahmen eines speziellen abstammungsrechtlichen Feststellungsverfahrens (vgl. § 169 Nr. 1 2. Hs. FamFG) zu. Der Entscheidung im Feststellungsverfahren kommt Wirkung für und gegen alle entsprechend § 184 Abs. 2 FamFG zu.
Es erscheint sinnvoll, auch in Bezug auf die Elternschaftsvereinbarung eine inzidente Prüfung ebenso wie ein spezielles abstammungsrechtliches Feststellungsverfahren zuzulassen. Letzteres sollte Wirkung für und gegen alle haben, damit es nicht zu mehrfachen Beweiserhebungen über etwaige Mängel der Elternschaftsvereinbarung oder widersprechenden Entscheidungen kommt.