BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Leitsatz
Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge begehrende Elternteil für die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen den Eltern (haupt)verantwortlich ist.
BGH, Beschl. v. 12.12.2007 – XII ZB 158/05 (OLG Hamburg/AG Hamburg-Harburg)
Aus den Gründen
Gründe: I. Die Antragstellerin (Mutter) und der Antragsgegner (Vater) streiten um die elterliche Sorge für ihre beiden gemeinsamen Kinder.
Die Mutter hatte mit dem Vater eine langjährige nicht eheliche Beziehung; aus dieser Beziehung gingen die im Jahre 1996 geborene Tochter F und der im Jahre 2001 geborene Sohn M hervor. Die Eltern haben durch Erklärungen gegenüber dem Jugendamt die gemeinsame elterliche Sorge für die beiden Kinder erlangt, welche von Geburt an durchgehend im Haushalt der Mutter lebten. Der verheiratete Vater lebte auch während der Beziehung zur Mutter mit seiner Ehefrau zusammen, mit der er zwei bereits erwachsene Kinder hat. Im Frühjahr 2002 endete die Beziehung der Eltern. Die Mutter lebt seit mehreren Jahren mit einem neuen Partner zusammen, den sie zwischenzeitlich geheiratet hat.
Die Kinder hatten zunächst weiterhin Kontakt zu ihrem Vater, bis die Mutter im Februar 2003 jeden Umgang mit der Begründung unterband, die Ehefrau des Vaters habe ihr von dessen angeblicher Pädophilie berichtet; es bestehe auch der konkrete Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter F durch den Vater. In einem anschließenden Umgangsrechtsverfahren wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches den Verdacht auf sexuellen Missbrauch der Tochter F durch den Vater nicht bestätigte. Die in dem seit März 2004 rechtskräftig abgeschlossenen Umgangsrechtsverfahren angeordnete Durchführung von zehn beschützten Umgangskontakten zwischen dem Vater und den Kindern fand durch Vermittlung des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. zwischen April 2004 und Januar 2005 statt. Einem daran anschließenden unbegleiteten Umgang widersetzte sich die Mutter. Sie machte im Januar 2005 ein neues Umgangsrechtsverfahren anhängig mit dem Ziel, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater für die Dauer von drei Jahren auszuschließen.
Im vorliegenden Sorgerechtsverfahren hat die Mutter den Antrag gestellt, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf sie allein zu übertragen. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat sich für eine Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen und hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt. Das AG – Familiengericht – hat die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters ist von dem OLG zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren weiter.
II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das OLG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Bei Abwägung aller Umstände entspreche die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten. Aus der seit Februar 2003 unvermindert anhaltenden Auseinandersetzung der Eltern lasse sich nur der Schluss ziehen, dass gegenwärtig keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehe. Es fehle vor allem an einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Elternteilen. Die Mutter habe seit Februar 2003 sämtliche Entscheidungen, welche die wesentlichen Belange der Kinder (Einschulung der Tochter, Kindergartenbesuch des Sohnes) berührten, nach Möglichkeit ohne Einbindung des Vaters und unter eigenmächtiger Abänderung zuvor zu Stande gekommener Vereinbarungen selbst getroffen, sodass dem – grundsätzlich zur Kooperation bereiten – Vater nichts übrig geblieben sei, als diese Maßnahmen im Nachhinein zu billigen, weil sie ohne nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Kinder nicht mehr zu ändern gewesen seien. Auch hinsichtlich der wohl wichtigsten zur Entscheidung anstehenden Frage, der Auswahl eines Therapeuten für die verhaltensauffällig gewordene Tochter F, sei eine Übereinstimmung nicht zu erzielen gewesen, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Einigungsunfähigkeit der Eltern ihre Ursache in den unterschiedlichen Vorstellungen über die Person des Therapeuten, das Ziel der Therapie oder die Übernahme der Kosten gehabt habe. Die Unfähigkeit, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zu erzielen, zeige sich insbesondere in der Frage des Umgangsrechts. Die Mutter verstoße gravierend gegen ihre Verpflichtung, einen persönlichen Umgang zwischen dem Vater und den Kindern zu gewährleisten. Auch wenn diese totale Verweigerungshaltung nicht durch objektive Umstände nachvollziehbar und demzufolge auch nicht billigenswert sei, bestehe keine andere Möglichkeit, als die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Insoweit sei vorrangig darauf abzustellen, dass auf Grund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Mutter nicht ausgeschlossen werden könne, dass bereits Anzeichen einer nachteiligen Auswirkung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf die Entwicklun...