Dr. Christine Hohmann-Dennhardt
Das deutsche Recht, mit dem in den letzten Jahrzehnten schrittweise versucht wurde, dem Wandel der Einstellungen zur nichtehelichen Elternschaft Rechnung zu tragen, sei hier in seiner Entwicklung kurz skizziert. Noch bis 1970 war ein nichteheliches Kind in Deutschland nicht einmal rechtlich mit seinem Vater verwandt. Auch seine Mutter trug lediglich faktisch für das Kind Sorge, das unter Amtsvormundschaft stand. Mit dem Gesetz über die rechtliche Stellung nichtehelicher Kinder änderte sich dies. Es knüpfte nun zwischen Kind und Vater verwandtschaftliche Bande und übertrug der Mutter die elterliche Sorge für das Kind, allerdings im Hinblick auf einzelne Entscheidungen eingeschränkt und gebunden an eine Amtspflegschaft. Dabei konnte der Vater auch weiterhin das Kind unter bestimmten Voraussetzungen für ehelich erklären, was zur Folge hatte, dass er die Sorge für das Kind erhielt, während die Mutter sie verlor.
Demgegenüber trugen Eltern ehelicher Kinder während der Ehe für diese gemeinsam Sorge, und zwar seit der Abschaffung des väterlichen Letztentscheids in Kindesangelegenheiten durch das BVerfG im Jahre 1959 jedenfalls rechtlich auch gleichermaßen. Kam es jedoch zur Scheidung, wurde nur einem der Eltern das Kind sorgerechtlich zugesprochen. Dabei erhielt zunächst derjenige Elternteil die Sorge, der die Scheidung nicht verschuldet hatte. Nach der Eherechtsreform 1977, mit der bei Scheidung vom Verschuldens- auf das Zerrüttungsprinzip übergegangen wurde, erfolgte dann die Zuweisung der Sorge an einen Elternteil durch die Gerichte unter Berücksichtigung des Kindeswohls. 1982 beendete das Bundesverfassungsgericht die strikte Einzelzuweisung des Sorgerechts und entschied, dass zur Wahrung der elterlichen Rechte aus Art. 6 Abs. 2 GG eine gemeinsame elterliche Sorge auch nach Scheidung jedenfalls dann ermöglicht werden müsse, wenn die Eltern dazu weiterhin willens und geeignet sind.
Anfang der 90er-Jahre erklärte das Gericht dann, es sei verfassungsrechtlich ebenfalls nicht weiter hinnehmbar, nicht miteinander verheirateten Eltern die gemeinsame Sorge für ihr Kind vorzuenthalten, wenn beide übereinstimmend dazu bereit und in der Lage seien. Dabei ließ es jedoch noch offen, ob sich Väter nichtehelicher Kinder generell auf das in Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht berufen könnten. Erst im Jahre 1995 beantwortete es diese Frage und entschied, dass auch diese Träger des Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG seien, auch wenn dies bei Schaffung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat noch anders gesehen worden sei. Allerdings wies das Gericht darauf hin, dass die Anerkennung des verfassungsrechtlichen Status eine differenzierte Ausgestaltung der Rechtsstellung des Vaters eines nichtehelichen Kindes nicht ausschließe. Die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sei dabei umso größer, je weniger von einer Übereinstimmung zwischen den Eltern und von einer sozialen Beziehung zwischen dem einzelnen Elternteil und dem Kind ausgegangen werden könne.
Mit der Kindschaftsrechtsreform, die 1998 in Kraft trat, hat der Gesetzgeber schließlich § 1626a BGB eingeführt, der nicht miteinander verheirateten Eltern eröffnet, durch übereinstimmende Erklärungen eine gemeinsame elterliche Sorge zu begründen. Wenn sich die Eltern allerdings nicht darauf einigen können, bleibt es nach dieser Bestimmung bei der mütterlichen Sorge, die nun nicht mehr durch eine Amtspflegschaft eingeschränkt ist. Auch die alleinige Sorge für das Kind kann der Vater nur mit Zustimmung der Mutter erhalten oder für den Fall, dass der Mutter das Sorgerecht zu entziehen ist, weil sie nicht willens oder in der Lage ist, eine bestehende Kindeswohlgefährdung abzuwenden, und die Sorgerechtsübertragung auf den Vater dem Kindeswohl dient. Ist von den Eltern jedoch eine gemeinsame Sorge entweder durch Ehe oder gemeinsame Sorgeerklärungen einmal begründet worden, bleibt sie auch bei deren Scheidung oder Trennung bestehen, es sei denn, ein Elternteil beantragt die Alleinsorge für sich und diese entspricht dem Kindeswohl am besten.