BGH, Beschl. v. 19.2.2020 – XII ZB 458/19
a) Überträgt ein Rechtsanwalt die Notierung von Fristen einer Bürokraft, muss er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Hierzu gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 27.11.2013 – XII ZB 116/13, FamRZ 2014, 284).
b) Erforderlich ist hierbei zudem die klare Anweisung, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender eingetragen werden müssen, bevor ein entsprechender Vermerk in der Akte eingetragen werden kann.
c) Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 23.1.2013 – XII ZB 167/11, FamRZ 2013, 1117).
BGH, Beschl. v. 26.2.2020 – XII ZB 402/19
Legt der Rechtsmittelführer trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises erst nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Verwerfung der Berufung dar, dass er rechtzeitig die Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hat, lässt das die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung unberührt.
BGH, Beschl. v. 19.2.2020 – XII ZB 291/19
a) Der Formmangel der fehlenden Unterzeichnung der Beschwerdeschrift kann bis zum Ablauf der Beschwerdefrist behoben werden; hierzu genügt ein vom Beschwerdeführer oder dessen Bevollmächtigten eigenhändig unterzeichnetes Schreiben, welches eindeutig auf die Beschwerdeschrift Bezug nimmt.
b) Die Heilung der fehlerhaften Zustellung einer Entscheidung kommt nur dann in Betracht, wenn eine formgerechte Zustellung von dem Gericht wenigstens angestrebt worden ist; an diesem Zustellungswillen fehlt es, wenn sich das Gericht von vornherein bewusst dafür entscheidet, von der förmlichen Zustellung der Entscheidung an den Beteiligten abzusehen, und die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post anordnet.
BGH, Beschl. v. 5.2.2020 – XII ZB 450/19
Hat im Rahmen einer Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, die Belegpflicht keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte für die isolierte Bewertung des Interesses an der Belegvorlage, kann für die Kostenberechnung auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG in Höhe von 5.000 EUR zurückgegriffen werden (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 27.3.2019 – XII ZB 564/18, FamRZ 2019, 1078).
BGH, Beschl. v. 12.2.2020 – XII ZB 445/19
Die Berufungsbegründung hat, wenn sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darzulegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Erstgerichts geführt hätte. Dieser Darlegung bedarf es nur dann nicht, wenn die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich ist (im Anschluss an BGH Beschl. v. 28.7.2016 – III ZB 127/15, NJW 2016, 2890).
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.3.2020 – 20 WF 20/20
1. Alleiniger Gegenstand der im zweiten Rechtszug erhobenen Beschleunigungsrüge ist die Verfahrensweise des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht. Entsprechendes gilt für die gegen die Zurückweisung dieser Beschleunigungsrüge erhobene Beschleunigungsbeschwerde.
2. Gleichwohl ist die gesamte Zeit seit Anhängigkeit in die Prüfung einzubeziehen, weil die Gesamtdauer des Verfahrens dafür maßgeblich sein kann, wie beschleunigt das Beschwerdeverfahren zu führen ist.
3. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz vorliegt, ist auch zu berücksichtigen, dass dem Ausgangsgericht aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit bei der Verfahrensgestaltung ein Gestaltungsspielraum zukommt.
4. Maßnahmen, die auf einer richterlichen Sachverhaltsaufklärung beruhen, stellen Rechtsanwendung dar und sind der Beurteilung des Beschwerdegerichts im Verfahren nach § 155c FamFG grundsätzlich entzogen.
Autor: Gabriele Ey , Vorsitzende Richterin am OLG Köln
FF 5/2020, S. 218 - 220