Mit einer Entscheidung vom 25.1.2023 führt der BGH seine bisherige Rechtsprechung fort, wonach die Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung nur dann für das Kindeswohl erforderlich ist, wenn gewichtige, über die mit der Einbeziehung des Kindes in die Stieffamilie verbundene typische Interessenlage hinausgehende Gründe hierfür vorliegen. Hingegen gibt der BGH seine Rechtsprechung auf, soweit er bisher verlangt hat, dass ohne Einbenennung eine Gefährdung des Kindeswohls entstehen müsste. Weiter hält der BGH fest, dass, wenn nach umfassender Abwägung der Kindeswohlbelange und des Kontinuitätsinteresses des namensgebenden Elternteils die Erforderlichkeit der Einbenennung zu bejahen ist, das Familiengericht als mildere Maßnahme stets eine additive Einbenennung zu prüfen hat. Für die Praxis wichtig ist die weitere Feststellung, dass, wenn die additive Einbenennung den Belangen des Kindes genügt und ein entsprechender Hilfsantrag nicht gestellt wird, die Ersetzung der Einwilligung abzulehnen ist.
In einer Entscheidung vom 10.5.2022 hat der 6. Familiensenat des OLG Frankfurt die Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen verfahrensfähigen Minderjährigen mangels schwieriger Sachlage abgelehnt. Das AG hatte den Antrag des 2005 geborenen Kindes auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Kind für ein Sorgerechtsverfahren, in dem beide Kindeseltern übereinstimmend die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und Übertragung auf den Kindesvater begehrten, zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Zur Begründung hat der Senat – neben seinen sich aus §§ 107, 108 BGB herleitenden Zweifeln, ob ein Minderjähriger ohne Mitwirkung seiner Eltern rechtlich überhaupt einen Anwaltsvertrag schließen kann – ausgeführt, es mangele an den Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 FamFG. Entscheidendes Kriterium sei dabei, ob auch ein bemittelter Rechtssuchender in vergleichbarer Lage vernünftiger Weise einen Anwalt beauftragt hätte, wobei hier auch die subjektiven Fähigkeiten des Antragstellers miteinzubeziehen sind. Diese Voraussetzungen sah der Senat als offenkundig nicht gegeben an: Bereits vor Einleitung des Verfahrens hatte hier die Kindesmutter unzweideutig zum Ausdruck gebracht, der Aufhebung der gemeinsamen Sorge zugunsten des Kindesvaters zuzustimmen.
Das OLG Bamberg hatte sich mit der Frage der anwendbaren Rechtsgrundlage für den Fall eines erneuten Antrages auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a BGB zu befassen. Der Senat entscheidet den dahingehenden Meinungsstreit im Hinblick auf die Frage, ob § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann anwendbar ist, wenn es sich bei der vorangegangenen Entscheidung um eine solche handelt, mit der ein Antrag auf Änderung des bestehenden Sorgerechts zurückgewiesen worden ist, für sich dahingehend, dass dies zu bejahen sei. Entscheidend sei nicht der Wortlaut der Vorschrift, sondern ihr Sinn und Zweck. § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB entfalte durch seine hohe Eingriffsschwelle eine Stabilisierungsfunktion, die dem Schutz des Kindes und des oder der Sorgeberechtigten vor Verunsicherung und Infragestellung dieser Ordnung diene.
Autor: Dr. Petra Volke, Richterin am OLG Köln
FF 5/2023, S. 190 - 198