Einführung
Die Adoption hat sicherlich heute viele Motive: Zusammenführung in einer einheitlichen Familienstruktur, Vergrößerung und Absicherung der dann gesetzlichen Erbfolge und Schaffung von Pflichtteilsansprüchen. In vorliegender Betrachtung kam es neben der Staatsangehörigkeitsproblematik auf die Formerfordernisse im deutschen wie spanischen Recht an, um eine Volladoption eines minderjährigen Kindes umzusetzen.
I. Ausgangspunkt
Beginn der Überlegung ist eine herannahende Eheschließung und der Wille eines Ehepartners, das Kind des anderen mit sich unterscheidender Nationalität nach der Eheschließung als Stiefkind zu adoptieren. Der Kindsvater ist nicht auffindbar. Das minderjährige Kind besitzt die spanische Nationalität; bedarf es nach spanischem Recht einer Zustimmung des Kindsvaters zur Adoption? Zu prüfen ist, welche Schritte erforderlich sind, um das Adoptionsverfahren in Spanien in Form einer Stiefkindadoption durchzuführen. Auf welcher gesetzlichen Grundlage dies passiert, bleibt ebenfalls zu klären.
II. Adoptionsgrundsätze: EU und Spanien
Alle EU-Länder befolgen bestimmte Adoptionsgrundsätze, die in einschlägigen internationalen Übereinkommen festgeschrieben sind:
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Die biologischen Eltern des Kindes müssen – sofern sie am Leben sind – der Adoption aus freiem Willen zustimmen. |
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Die Entscheidung für die Adoption muss zum Wohl des Kindes getroffen werden. |
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Die Adoption muss von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde genehmigt werden. |
In den meisten EU-Ländern kann das Kind den Namen und die Staatsangehörigkeit der Adoptiveltern annehmen und hat in der Regel die gleichen Erbrechte wie ein leibliches Kind. Adoptiveltern haben ferner die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber ihrem Kind wie alle anderen Eltern.
Das Adoptionsrecht Spaniens folgt diesen Prinzipien. Es ist im spanischen Zivilgesetzbuch (Código civil = Cc) vom 24.7.1889 i.d.F. vom 22.7.2011 geregelt, mit weiteren späteren Änderungen. Artikel 108 Cc besagt hierzu grundsätzlich: Die Abstammung kann in natürlicher Weise oder durch Adoption vermittelt vorliegen. Die natürliche Abstammung kann ehelich und nichtehelich sein. Sie ist ehelich, wenn der Vater und die Mutter miteinander verheiratet sind. […] Artikel 178 Cc schließt daran weiter an:
1. Die Adoption hat das Erlöschen der rechtlichen Bindungen zwischen dem Adoptierten und seiner früheren Familie zur Folge.
2. Ausnahmsweise bestehen die rechtlichen Bindungen zur Familie des betreffenden Elternteils in den folgenden Fällen fort:
(1) Wenn der Adoptierte ein Kind des Ehegatten des Adoptierenden ist, auch wenn der Ehegatte verstorben ist;
(2) wenn nur einer der Elternteile rechtmäßig festgestellt worden ist, vorausgesetzt, dass diese Wirkungen durch den Adoptierenden, den Adoptierten, wenn er älter als 12 Jahre ist, und den Elternteil beantragt worden ist, zu dem die Bindung aufrechterhalten werden soll. […]
Eine Adoption nach spanischem Recht wird hier als Volladoption eingestuft. Zur Abgrenzung dient der nachfolgende Überblick zu den verschiedenen Adoptionsvarianten.
III. Arten der Adoption
Gemeinsam ist allen als Adoption bezeichneten Rechtsverhältnissen, dass sie auf die Begründung eines dauerhaften Eltern-Kind-Verhältnisses ausgerichtet sind (vgl. auch Artikel 2 Absatz 2 HAÜ = Haager Übereinkommen). Folgende Adoptionsarten sind im Überblick zu unterscheiden.
1. Volladoption
Von einer Volladoption spricht man, wenn das anwendbare ausländische Recht anordnet, dass das adoptierte Kind durch die Adoption die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes des/der Annehmenden erhält. Dies schließt mit ein, dass auch ein Verwandtschaftsverhältnis zu den Verwandten der Annehmenden entsteht und entsprechende Rechtsverhältnisse zur leiblichen Familie erlöschen.
Das deutsche Adoptionsrecht ist ein Beispiel für die geregelte Volladoption. Dazu zählt auch Spanien. Von einer Volladoption ist ebenfalls auszugehen, wenn über ausländisches und ggf. deutsches Kollisionsrecht deutsches Sachrecht zur Anwendung kommt und die Adoption durch ein ausländisches Gericht nach deutschem Sachrecht ausgesprochen wurde.
Wenn die ausländische Adoption die Wirkungen einer Volladoption hat, ist durch das Familiengericht eine Feststellung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AdWirkG zu treffen. AdWirkG bedeutet Gesetz betreffend die rechtlichen Wirkungen einer im Ausland oder nach ausländischem Recht ausgesprochenen Adoption eines minderjährigen Kindes.
2. Starke Adoption
Von einer starken Adoption spricht man insbesondere, wenn das adoptierte Kind durch die Adoption einerseits die rechtlichen Bande zu seinen leiblichen Eltern verliert und andererseits entsprechende Rechte und Pflichten nur gegenüber dem/den Annehmenden durch die Adoption begründet werden. Somit bleibt das Entstehen eines Verwandtschaftsverhältnisses und insofern die Gleichstellung der ausl...