Einführung
Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs beschlossen. Das materielle Recht und das Verfahrensrecht des Versorgungsausgleichs werden damit grundlegend neu geregelt – am Grundsatz der Teilung der in der Ehe erworbenen Versorgungen wird nichts geändert.
Die Reform sieht vor, dass künftig jede Versorgung, die ein Ehepartner in der Ehezeit erworben hat, im jeweiligen Versorgungssystem zwischen beiden Eheleuten geteilt wird. Das ist der Grundsatz der "internen Teilung". Der jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält also einen eigenen Anspruch auf eine Versorgung bei dem Versorgungsträger des jeweils ausgleichspflichtigen Ehegatten. Das bislang geltende Recht verlangt hingegen – auf der Grundlage von fehleranfälligen Prognosen – eine Verrechnung aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte aus allen unterschiedlichen Versorgungen und einen Ausgleich der Wertdifferenz über die gesetzliche Rentenversicherung. Im Versorgungsfall weichen daher die aus der Ehe stammenden Renten der Eheleute häufig mehr oder weniger voneinander ab.
Durch den internen Ausgleich aller Versorgungen im jeweiligen Versorgungssystem kann auf eine fehleranfällige Vergleichbarmachung verzichtet werden, denn eine Verrechnung ist nicht mehr erforderlich. Wertverzerrungen und Prognosefehler, die bislang vor allem durch die Umrechnung der Anrechte mithilfe der Barwert-Verordnung entstehen, werden vermieden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anrechte der betrieblichen und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt werden.
Die Interessen der Versorgungsträger, die gerade bei der betrieblichen und privaten Versorgung mehr als bisher in den Ausgleich eingebunden sind, werden ebenfalls berücksichtigt. Auf Bagatellausgleiche wird künftig verzichtet. Das spart Verwaltungsaufwand. Kleinere Werte bzw. besondere Arten von Betriebsrenten können die Versorgungsträger außerdem in bestimmten Fällen zweckgebunden abfinden. Das ist die ausnahmsweise zulässige sog. "externe Teilung". Der ausgleichsberechtigte Ehepartner kann dann entscheiden, welche Versorgung mit diesen Mitteln aufgestockt werden soll, etwa eine bereits vorhandene Riester-Rente.
Die Reform soll zeitgleich mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens (FGG-Reformgesetz) in Kraft treten. Das FGG-Reformgesetz wird derzeit im Deutschen Bundestag beraten. Die Barwert-Verordnung, die bis 30. Juni 2008 gilt, wird nochmals verlängert und mit Inkrafttreten der Reform des Versorgungsausgleichs aufgehoben werden.
Zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs im Einzelnen:
1. Grundsatz der internen Teilung
Grundsätzlich wird künftig jedes Anrecht auf eine Versorgung intern geteilt: Der jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält einen eigenen Anspruch auf eine Versorgung bei dem Versorgungsträger des anderen, ausgleichspflichtigen Ehegatten. Das garantiert eine gerechte Teilhabe an jedem in der Ehe erworbenen Anrecht und an dessen künftiger Wertentwicklung. Wertverzerrungen wie im geltenden Recht werden vermieden. Der Grundsatz der internen Teilung gilt künftig auch für Versorgungen von Bundesbeamten. Auch betriebliche und private Anrechte können, anders als nach bislang geltendem Recht, schon bei der Scheidung vollständig und endgültig zwischen den Eheleuten geteilt werden. Die Eheleute müssen sich daher in Zukunft nicht nach Jahren noch einmal über Fragen der Versorgung auseinander setzen. Das entspricht ihrem Interesse an einem "clean cut", also an einer möglichst abschließenden Regelung bei der Scheidung.
Beispiel: Der Ehemann hat in der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente mit einem Kapitalwert von 30.000 EUR erworben. Zugunsten der Ehefrau begründet das Familiengericht künftig für sie bei demselben Versorgungsträger eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente im Wert von 15.000 EUR. Die Anwartschaft des Ehemanns wird entsprechend gekürzt. Bisher konnten betriebliche und private Versorgungen bei der Scheidung häufig nicht bzw. nur bis zu einer bestimmten Wertgrenze ausgeglichen werden.
2. Ausnahmsweise externe Teilung
Eine externe Teilung – also die Begründung eines Anrechts bei einem anderen Versorgungsträger – findet statt, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte und der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten dies vereinbaren. Diese Vereinbarung ist unabhängig von der Höhe des Ausgleichswertes möglich. Daneben ist bei kleineren Ausgleichswerten eine externe Teilung auch dann zulässig, wenn der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten eine externe Teilung wünscht. Die Obergrenze für dieses einseitige Abfindungsrecht liegt bei ca. 50 EUR monatliche Rente bzw. ca. 6.000 EUR Kapitalwert. Bei "arbeitgebernahen" Betriebsrenten aus Direktzusagen oder Unterstützungskassen (sog. interne Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung) beträgt die Obergrenze für den Ausgleichswert ca. 63.000 EUR Kapitalwert.
Beispiel: Wie zuvor ist eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente aus der Ehezeit im Wert von 30.000 EUR auszugleichen. Der Betrieb als zuständiger Versorgungsträger...