I. Einleitung
Gegen erstinstanzliche Entscheidungen in Familiensachen ist nach §§ 58 ff. FamFG die Beschwerde gegeben. Die frühere Zweispurigkeit (Berufung in ZPO-Verfahren; Beschwerde in FGG-Sachen) ist damit überholt. Es gibt nur noch einheitlich die Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG. Dies gilt auch für einstweilige Anordnungsverfahren, wobei hier die Anfechtbarkeit nach § 57 FamFG eingeschränkt ist. Die Beschwerde nach § 58 FamFG und nicht die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO ist auch dann gegeben, wenn ein Arrestbeschluss angefochten werden soll.
Soweit eine Endentscheidung mit der Beschwerde angefochten wird, richtet sich die Verfahrens- und Terminsgebühr gem. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG nach Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1, also nach den für eine Berufung geltenden Gebühren des Teil 3 VV RVG.
Soweit lediglich eine Zwischenentscheidung, wie z.B. ein Beschluss über ein Ablehnungsgesuch oder einen Aussetzungsantrag, angefochten werden soll, ist Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG nicht anwendbar. Insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften der Nrn. 3500 ff. VV RVG.
Entgegen des uneingeschränkten Wortlauts gilt Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG jedoch nur, wenn mit der Beschwerde eine Entscheidung zur Hauptsache angefochten wird. Soweit sich die Beschwerde lediglich gegen eine Nebenentscheidung richtet, wie z.B. eine Kostenentscheidung, gelten ebenfalls nur die Nrn. 3500 ff. VV RVG. Zwar handelt es sich bei Kostenentscheidungen auch um Endentscheidungen i.S.d. §§ 58, 38 FamFG; gemeint sind in Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG jedoch nur Endentscheidungen in der Hauptsache. Der Gesetzgeber hat dies im RVG nicht klar geregelt. Im FamGKG hat er diese Unterscheidung dagegen auch mit in das Gesetz aufgenommen. Die Gebühren für Beschwerdeverfahren nach den Hauptabschnitten 1–4 des FamGKG-KostVerz. gelten nur für Beschwerden gegen Entscheidungen in der Hauptsache. Für sonstige Beschwerden gegen Neben- und Zwischenentscheidungen sind in den Nrn. 1900 ff. FamGKG-KostVerz. gesonderte Gerichtsgebühren vorgesehen. Entsprechend ist auch Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG auszulegen.
Neben der Verfahrens- und Terminsgebühr nach den Nrn. 3200 ff. VV RVG kann die Einigungs- oder Aussöhnungsgebühr nach Teil 1 VV RVG anfallen.
II. Beschwerdeverfahren
1. Umfang der Angelegenheit
Das Beschwerdeverfahren stellt gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren eine eigene selbständige Angelegenheit dar (§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG).
Wechselseitig geführte Beschwerden, die miteinander verbunden werden, sind eine Angelegenheit. Die Gebühren entstehen dann nur einmal.
2. Verfahrensgebühr
Im Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt zunächst einmal für das Betreiben des Geschäfts gem. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG eine Verfahrensgebühr.
Die Höhe der Verfahrensgebühr richtet sich grundsätzlich nach Nr. 3200 VV RVG (Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV RVG) und beläuft sich auf 1,6.
Unter den Voraussetzungen der Nr. 3201 VV RVG ermäßigt sich die 1,6-Verfahrensgebühr der Nr. 3200 VV RVG auf 1,1. Dies betrifft zum einen den Fall der vorzeitigen Erledigung, also wenn sich die Sache für den Anwalt erledigt, bevor er einen Schriftsatz mit Sachanträgen oder Sachvortrag einreicht und bevor er einen Termin wahrnimmt.
Der Anwalt erhält den Auftrag, gegen den Beschluss des FamG Beschwerde einzulegen. Nach eingehender Prüfung empfiehlt er seinem Mandanten, die Beschwerde nicht einzulegen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Daraufhin wird der Auftrag zurückgezogen.
Der Anwalt erhält lediglich die ermäßige 1,1-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3200, 3201 VV RVG, da sich der Auftrag vorzeitig erledigt hat.
Häufiger wird die Variante der vorzeitigen Erledigung beim Anwalt des Beschwerdegegners vorkommen, wenn sich das Beschwerdeverfahren erledigt, bevor er einen Antrag gestellt hat.
Nach Zustellung der Beschwerde bestellt sich der Anwalt des Beschwerdegegners auftragsgemäß. Vor Ablauf der Begründungsfrist wird die Beschwerde zurückgenommen.
Da der Anwalt des Beschwerdegegners bislang noch keinen Antrag gestellt hatte, ermäßigt sich auch hier die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Nr. 1 VV RVG auf 1,1.
Darüber hinaus ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auf 1,1, wenn lediglich die Protokollierung einer Einigung der Parteien beantragt wird (Nr. 3201 Nr. 2, 1. Alt. VV RVG) oder wenn lediglich in diesem Verfahren nicht anhängige Gegenstände (erfolglos) mit erörtert werden, Nr. 3201 Nr. 2, 2. Alt. VV RVG).
Im Verfahren über den Ehegattenunterhalt kommt es zum Abschluss eines Vergleichs. In diesem Vergleich wird eine Einigung der Eheleute, die diese über die Verteilung des Haushalts bereits untereinander ohne Mitwirkung ihrer Anwälte geschlossen hatten, mit protokolliert.
Aus dem Wert des Ehegattenunterhalts entsteht die volle 1,6-Verfahrensgebühr. Aus dem Wert des lediglich mit protokollierten Haushalts entsteht dagegen die ermäßigte 1,1-Verfahrensgebühr nach den Nrn. 3200, 3201 VV RVG.