Der Diskussionsteilentwurf für eine Reform des Abstammungsrechts will § 1591 BGB unverändert lassen. Die erste Elternstelle wird also unverändert mit der Geburtsmutter besetzt bleiben.
Entscheidende Änderungen sind aber für die zweite Elternstelle vorgesehen. Diese wird nach § 1592 BGB, der die Überschrift "Vaterschaft und Mit-Mutterschaft" tragen soll, ganz ähnlich wie beim Vater ausgestaltet. Die Ehefrau der Mutter wird nach § 1592 Abs. 2 Nr. 1 BGB-E von Gesetzes wegen Mit-Mutter, wenn sie mit der biologischen Mutter verheiratet ist. Sie kann auch die Mutterschaft anerkennen, wozu – ähnlich wie schon jetzt für die Vaterschaftsanerkennung – nur Voraussetzung ist, dass nicht bereits eine andere Person die zweite Elternstelle besetzt. § 1594 BGB wurde zu diesem Zweck geschlechtsneutral neu gefasst.
Die Stellung der Ehefrau der Mutter ist damit sehr stark ausgebaut. Zugleich wird ihre Verantwortung fixiert, denn nach § 1600b BGB-E kann sie ihre Elternstellung nicht durch Anfechtung wieder beseitigen.
Diese neue Lösung ist im Ansatz sicher richtig. Schwierig ist jedoch der Umgang mit den Väterrechten. Klar ist, dass die Ehefrau der Mutter, anders als der Ehemann der Mutter, in aller Regel nicht die genetische Mutter ist, und es wird jedenfalls immer der genetische Vater von der Elternstellung ausgeschlossen. Er erfährt im Gesetzentwurf Schutz dadurch, dass er – soweit er nicht i.S.d. § 1598c Abs. 1 BGB-E wirksam auf seine Elternrechte verzichtet hat – die zweite Elternstellung im Wege der gerichtlichen Anfechtung einnehmen darf. Diese ist nach neuem Recht in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes ohne weitere Voraussetzungen möglich (dazu gleich). Das ist eine nicht ganz unproblematische Lösung, denn es ist für alle Beteiligten höchst belastend, wenn die zweite Elternstelle durch ein Gerichtsverfahren in den ersten Lebensmonaten des Kindes geklärt werden muss.
Eine bessere Lösung zu finden, ist allerdings nicht einfach. Denn es dürfte gegen Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verstoßen, den Mann, der nicht ausdrücklich und informiert auf seine Vaterschaft verzichtet hat, ganz von der rechtlichen Vaterschaft auszuschließen. Man hätte wohl die Mit-Mutterschaft von vornherein auf die Fälle begrenzen können, in welchen vor der Geburt ein wirksamer schriftlicher Verzicht des genetischen Vaters i.S.d. § 1598c Abs. 1 BGB-E erfolgt ist (dazu näher gleich 4.). Damit hätte man aber erreicht, dass die zweite Elternstelle zunächst offenbliebe, und in vielen – wahrscheinlich sogar mit Abstand den meisten – Fällen dürfte der Samenspender kein Interesse an der Vaterstellung haben.
Eine andere Lösung für die Fälle, in denen der Verzicht nicht wirksam erfolgt ist – und bei denen Samenspender und Mutter typischerweise in persönlichen Kontakt getreten sind – wäre die Annahme einer Elternschaft von mehr als zwei Personen (dazu unten III.).