Das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt ist am 7.5.2021 zustande gekommen. Die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und die Verkündung im BGBl. waren bei Redaktionsschluss noch nicht erfolgt. Das Gesetz wird voraussichtlich zu großen Teilen am 1.7.2021, im Übrigen am 1.1.2022 in Kraft treten.
Neben Verschärfungen im Strafrecht sieht das Gesetz auch wichtige Änderungen für das familiengerichtliche Verfahren vor:
Nach § 23b Abs. 3 S. 4 GVG dürfen künftig Aufgaben eines Familienrichters einer Richterin oder einem Richter nur zugewiesen werden, wenn Kenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Familienverfahrensrechts und der für das Verfahren in Familiensachen notwendigen Teile des Kinder- und Jugendhilferechts sowie über belegbare Grundkenntnisse der Psychologie, insbesondere der Entwicklungspsychologie des Kindes, und der Kommunikation mit Kindern belegt sind oder wenn zu erwarten ist, dass die erforderlichen Kenntnisse alsbald erworben werden. Die im Regierungsentwurf vorgesehene starre Frist von sechs Monaten wurde auf Empfehlung des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz durch die flexiblere Formulierung "alsbald" ersetzt, um den dienstlichen Belangen in der Praxis besser Rechnung zu tragen. Der zeitnahe Kenntniserwerb soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers in deutlich weniger als einem Jahr abgeschlossen sein. Die Qualifikationsanforderungen gelten gemäß der Neufassung von § 119 Abs. 2 GVG auch für die in den Familiensenaten der Oberlandesgerichte eingesetzten Richterinnen und Richter. Da die Regelungen zur Einführung der richterlichen Qualifikationsanforderungen in der Praxis organisatorische Änderungen sowie die Einrichtung zusätzlicher Fortbildungsangebote notwendig machen, räumt der Gesetzgeber den Justizverwaltungen eine gewisse Vorlaufzeit ein: Die Vorschriften werden voraussichtlich zum 1.1.2022 in Kraft treten.
Für das Beschwerdeverfahren sieht das Gesetz in § 68 FamFG wichtige Änderungen vor: Das Beschwerdegericht kann die persönliche Anhörung des Kindes einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Schaffung des persönlichen Eindrucks von dem Kind. Ferner ist in § 68 Abs. 5 FamFG geregelt, dass bei Beschwerden gegen Beschlüsse im Hauptsacheverfahren in besonders grundrechtssensiblen Fallgruppen nicht mehr von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelnen im FamFG ausdrücklich geregelten Verfahrenshandlungen abgesehen werden kann, nämlich wenn Entscheidungen über die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach §§ 1666, 1666a BGB, der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 BGB oder eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 oder § 1682 BGB in Betracht kommen. In diesen Verfahren ist jetzt nach § 158 Abs. 2 FamFG auch die Bestellung eines Verfahrensbeistandes zwingend erforderlich.
Die neu eingefügte Vorschrift des § 158a FamFG regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Person für die Aufgaben eines Verfahrensbeistandes geeignet ist. Während der Gesetzentwurf nur die fachliche Eignung des Verfahrensbeistands im Blick hatte, legt das Gesetz entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz nunmehr auch die Voraussetzungen für die persönliche Eignung fest. Fachlich geeignet ist nach der Neuregelung eine Person, die Grundkenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Verfahrensrechts in Kindschaftssachen und des Kinder- und Jugendhilferechts sowie Kenntnis der Entwicklungspsychologie des Kindes hat und über kindgerechte Gesprächstechniken verfügt. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten sind auf Verlangen des Gerichts insbesondere durch eine sozialpädagogische, pädagogische, juristische oder psychologische Berufsqualifikation sowie durch eine für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand spezifische Zusatzqualifikation nachzuweisen. In persönlicher Hinsicht muss der Verfahrensbeistand die Gewähr dafür bieten, die Interessen des Kindes gewissenhaft, unvoreingenommen und unabhängig wahrzunehmen. Nach der Neuregelung darf zudem keine Person zum Verfahrensbeistand bestellt werden, die rechtskräftig wegen näher bezeichneter Straftaten verurteilt worden ist, worüber sich das Gericht durch Einsicht in das erweiterte Führungszeugnis Gewissheit zu verschaffen hat. Durch die Neuregelung soll das Vertrauen der Beteiligten und insbesondere auch des Kindes in die Person und Arbeit des Verfahrensbeistands erhöht und der präventive Kinderschutz verbessert werden. § 158a FamFG wird voraussichtlich am 1.1.2022 in Kraft treten, um auch hier den notwendigen Vorlauf zu gewähren.
Schließlich enthält das Gesetz in § 159 FamFG Änderungen zur Regelung der persönlichen Anhörung des Kindes im Verfahren. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesver...