Die jährlich vom Geschäftsführenden Ausschuss bei den Mitgliedern der AG Familienrecht durchgeführte Umfrage stand 2020 im Zeichen der Corona-Pandemie.
Der Fragenkatalog beschränkte sich jedoch nicht auf eine mögliche Betroffenheit der Kollegen und ihrer Kanzlei. Zugleich ist auch die Arbeit der Familiengerichte sowie der Jugendämter und Beratungsstellen freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe in den Blick genommen worden.
Der Fragenkatalog ist im September 2020 an die Mitglieder versandt worden. Die Befragung fand bis Anfang Oktober statt. Sie spiegelte die Erfahrungen während der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr 2020 wider.
An der Umfrage nahmen leider nur etwa 16 % der Mitglieder der AG teil. Damit lag die Zahl unter der Quote der vergangenen Jahre. Möglicherweise war dies dem Umstand geschuldet, dass u.a. die Bundesrechtsanwaltskammer in dieser Zeit eine ähnlich gelagerte Umfrage durchführte.
Ein erster Fragenkomplex richtete sich auf die Tätigkeit der Familiengerichte und Jugendämter sowie Beratungsstellen.
Nur 2,6 % der Befragten teilte mit, dass Familienverfahren in der Zeit von Mitte März bis Ende Mai uneingeschränkt stattfanden. Demgegenüber berichteten 44,7 % von teilweisen Terminierungen und 52,6 % von coronabedingten Terminaufhebungen (Folie 1).
Von den durchgeführten Verhandlungen waren überwiegend Eil- und Hauptsacheverfahren in Kindschafts- und Gewaltschutzsachen betroffen, während Ehescheidungen und Familienstreitsachen eher von Terminsaufhebungen betroffen waren (Folie 2).
Die Zeit, in der Termine vollständig oder überwiegend aufgehoben wurden, gaben die Befragten mit durchschnittlich acht Wochen an (Folie 3). Zum Zeitpunkt der Befragung waren die aufgehobenen Termine vollständig oder überwiegend nachgeholt (Folie 4).
Soweit Verhandlungen während des ersten Lockdowns durchgeführt wurden, fanden diese überwiegend (94,6 %) mit persönlicher Anwesenheit der Beteiligten statt (Folie 5). Angesichts der Spezifik von Kindschafts- und Gewaltschutzsachen ist dies nicht überraschend. Von einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren machten die Gerichte kaum Gebrauch (Folie 6).
Da in Kindschaftssachen häufig Sachverständige einbezogen sind, führte die Pandemie auch zu Verzögerungen bei der Vorlage von Gutachten (Folie 7).
Die Unsicherheit, ob die angeordneten Kontakteinschränkungen auch Konsequenzen für die Wahrnehmung von Umgängen haben, zeigte sich darin, dass immerhin 10,7 % der Befragten eine Zunahme der Ordnungsgeldanträge nach § 89 FamFG bestätigten (Folie 8).
Bei der Beurteilung des jeweiligen Familiengerichtes ergab sich ein gemischtes Bild. Während 59 % der Befragten die Arbeit "ihres" Familiengerichtes als "ausgezeichnet", "sehr gut" oder "gut" bewerteten, gaben 41 % ein "mittelmäßiges" oder "schlechtes" Zeugnis ab (Folie 9).
Im Gegensatz dazu beurteilten die Teilnehmer der Umfrage die Erreichbarkeit der Jugendämter und Beratungsstellen weniger positiv. Nur 7,7 % bewerteten die Erreichbarkeit mit "gut". Dem standen 72,1 % der Befragten gegenüber, die von einer nur "mäßigen" oder "nicht guten" Erreichbarkeit berichteten (Folie 10).
Zum Einfluss der Pandemie auf die jeweiligen Kanzleien.
Das Ergebnis der Befragung ergab im Hinblick auf eine Einschränkung der Kanzleiarbeit kein klares Bild. Während insgesamt 54,3 % eine starke oder mäßige Einschränkung bestätigten, gaben 45,7 % der Kollegen an, ihre Kanzlei sei kaum oder gar nicht von Einschränkungen betroffen gewesen (Folie 13). Gab es eine Reduzierung, dauerte diese im Durchschnitt etwa acht Wochen (Folie 14).
Wenn die Kanzlei betroffen war, so lag der Grund in erster Linie in der Absage von Besprechungsterminen (74,4 %). Mit relativ großem Abstand folgten der Ausfall von Mitarbeitern (32,4 %), die räumliche Einschränkung (29,7 %), die mangelnde Erreichbarkeit (28,7 %) und die Betreuung eigener Kinder (20,7 %). Erkrankungen aufgrund des Coronavirus spielten nur eine untergeordnete Rolle (Folie 15).
Als wichtig wird anzusehen sein, dass trotz der weitgehenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Mehrheit der Befragten berichtete, ihr Mandatsaufkommen sei in dieser Zeit im Wesentlichen unverändert geblieben oder sogar gestiegen (46,2 % bzw. 10,3 %). Demgegenüber berichteten 43,5 % von einer Abnahme (Folie 16).
Eine weitere Frage richtete sich darauf, welche Mandate von einer Zunahme betroffen waren. Mit 68,8 % lagen die Kindschaftssachen an der Spitze (Folie 17). Dieses Ergebnis wird möglicherweise auch Gegenstand soziologischer Untersuchungen sein.
Korrespondierend zur Entwicklung des Mandatsaufkommens richtete sich eine weitere Frage auf den Umsatz der Kanzlei seit Beginn des ersten Lockdowns bis August 2020. Während 48,7 % der Befragten von einem im Wesentlichen unveränderten oder sogar höheren Umsatz berichteten, gaben 51,2 % einen Umsatzrückgang an (Folie 18).
Ebenfalls auf die wirtschaftliche Situation der Kanzleien richtete sich die Frage, ob die Kollegen aufgrund der coronabedingten Einschränkungen Auswirkungen auf den Umsatz im näc...