Meetingkultur auf dem Weg in die hybride Arbeitswelt
Die Coronapandemie führte zu einer massiven Transformation der Arbeitswelt in Deutschland. Doch was lässt sich jetzt, zwei Jahre nach Beginn der Pandemie, feststellen? Wie hat sich das Arbeiten verändert?
In einem Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Organisational Studies unter Leitung von Prof. Dr. Florian Kunze untersuchen wir die Veränderung der Arbeitswelt seit Beginn der Pandemie im März 2020 durch eine fortlaufende Befragung. Hierbei wird eine Stichprobe der Erwerbsbevölkerung regelmäßig zu ihrer Arbeitssituation während der Pandemie und besonders zur Transformation hin zu einer hybriden Arbeitswelt befragt (alle Infos und Studienergebnisse finden sich auf diesen Internetseiten der Universität Konstanz und auch in einer aktuellen Buchpublikation von Kunze, Hampel & Zimmermann, 2021). Die Erhebungen werden durch den Onlinedienstleister Respondi durchgeführt. In diesem Beitrag möchten wir unsere Ergebnisse aus einer Erhebung Anfang April 2022 zu den Veränderungen der Meetingkultur vorstellen, an der sich 448 Beschäftigte beteiligt haben.
Wie sollen effektive Meetings in einer hybriden Arbeitswelt gestaltet werden?
Im März 2022 endete die Homeoffice-Pflicht in Deutschland und Unternehmen bekamen wieder mehr Handlungsspielraum, ihre Meetings zu gestalten – das heißt, Meetings konnten entweder wieder in Präsenz oder weiterhin in hybriden und vollständig digitalen Formen abgehalten werden. Unternehmen und auch Führungskräfte stehen jetzt vor der Herausforderung, Rahmenbedingungen zu definieren, wie Meetings zukünftig in einer hybriden Arbeitswelt zu gestalten sind. Deshalb haben wir untersucht, welche Meetingformen aktuell genutzt und wie sie wahrgenommen werden. Außerdem haben wir nach der technischen Ausstattung gefragt – eine Grundvoraussetzung, dass hybride und mobile Arbeit überhaupt sinnvoll stattfinden kann.
Meetingformen: digitaler Austausch dominiert weiterhin
Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht die digitale Arbeit überwiegt. Nur bei der Hälfte der Befragten fanden grundsätzlich wieder Meetings in Präsenz statt. Außerdem gaben 48 Prozent an, dass die Mehrzahl der Meetings digital stattfand und nur 21 Prozent berichteten von überwiegend Präsenzmeetings. Bei knapp einem Drittel (31 Prozent) fand die Mehrzahl der Meetings in hybrider Form statt. Dies zeigt, dass die lange Phase des komplett digitalen Arbeitens während der Pandemie stark nachwirkt und sich zumindest bei der Form der Kommunikation und Kollaboration in den Unternehmen festgesetzt hat.
Effizienz und Belastung: digitale Meetings vor Präsenzmeetings
Eine Erklärung, warum digitale Meetings sich weiterhin so großer Beliebtheit erfreuen, könnte sich aus der Wahrnehmung der Effizienz und Belastung von digitalen im Vergleich zu Präsenzmeetings ergeben. Wenn unsere Studienteilnehmenden digitale und Präsenzmeetings direkt miteinander vergleichen sollen, ergibt sich ein recht eindeutiges Bild: Über die Hälfte der Befragten empfindet digitale Meetings als sehr effizient (54 Prozent) und wenig belastend (63 Prozent). Mehr als ein Drittel (43 Prozent) bevorzugt sogar digitale Meetings gegenüber Präsenzmeetings, die nur 28 Prozent der Befragten präferieren (siehe Infografik). Dies ist ein interessantes Ergebnis, da es der sonst häufig propagierten "Zoom-Müdigkeit" widerspricht, die in der öffentlichen Debatte in Bezug auf die vielen digitalen Videomeetings diskutiert wird.
Technische Voraussetzungen: geeignet für hybride Arbeit
Zusätzlich interessiert uns, ob die Unternehmen schon gute technische Voraussetzungen für hybride Meetings und Arbeitsformen geschaffen haben, an denen Teilnehmende gleichzeitig in Präsenz und digital teilnehmen. Hier ergibt sich ein recht positives Bild: Weniger als ein Drittel der Befragten (17 Prozent) bewertete die technischen Voraussetzungen für hybride Arbeit als mangelhaft. Über 80 Prozent hingegen nahmen die technische Ausstattung als gut oder besser wahr.
Fazit: Meetingkultur weiterhin stark digital geprägt
Die Ergebnisse unserer Befragung machen deutlich, dass die Meetingkultur in Unternehmen weiterhin stark digital geprägt ist. Digitale und hybride Meetingformen überwiegen, auch nach Ende der Homeoffice-Pflicht. Mitarbeitende sehen darin eher einen Vorteil, da sie digitale Meetings als effizient und wenig belastend wahrnehmen. Gute technische Ausstattung schaffen die Grundvoraussetzung für eine hybride, digital geprägte Arbeitswelt.
Veränderung der Meetingkultur: Übergang zu hybridem Arbeiten jetzt gestalten
Unternehmen und Führungskräfte müssen jetzt in die Kommunikation investieren, um den Übergang in eine hybride Arbeitswelt erfolgreich zu gestalten. Viele Beschäftigte haben über lange Zeit Erfahrungen mit Präsenzmeetings (vor Corona) und vollkommenden digitalen Meetings (während Corona) gemacht. Beide Formen hybrid zu kombinieren ist jetzt häufig Neuland für Beschäftigte und Unternehmen. Wie bei der generellen hohen Präferenz von mobilem Arbeiten, die wir in unseren 15 Befragungswellen der Konstanzer Homeoffice-Studie feststellen konnten, ist auch die Präferenz für die Fortsetzung von digitale Meetings weiterhin hoch.
Für Unternehmen und Führungskräfte kommt es jetzt darauf an, die Mitarbeitenden zu überzeugen, warum es sinnvoll ist für spezifische Meetings, in denen viel persönliche Interaktion gefragt ist, wieder in stärkere Präsenz zurückzukehren. Gleichzeitig könnte die aktuelle Transformation auch eine Möglichkeit sein, die generell überbordende Meetingkultur in der Arbeitswelt zu überdenken und meetingfreie Tage einzuführen, wie es zum Beispiel SAP zuletzt mit dem "Focus Friday" angekündigt hat, an dem keine Meetings mehr stattfinden sollen.
Literatur:
Kunze, F., Hampel, K., Zimmermann, S. (2021). Homeoffice und mobile Arbeit? Frag doch einfach. UTB Verlag, Stuttgart.
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